Gefahr im Verzug

 

Kabarettist Florian Scheuba über Wahrheit, Politik & Zukunftswünsche

 

Drei Jahre nach seinem mit dem Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichneten Solo-Debut zieht Kabarettist Florian Scheuba wieder Bilanz. CITY!-Redakteurin Hilde Weber traf den scharfzüngigen Satiriker zum exklusiven CITY!-Talk.

CITY!: Am 17. Mai gastieren Sie mit Ihrem Programm „Folgen Sie mir auffällig!“ im Linzer Posthof. Worauf darf sich denn das Publikum freuen?

Scheuba: Auf einen sehr persönlichen Abend, bei dem es letztlich um die Wahrheit geht. Ist es in Zeiten, in denen jeder seine eigenen Wahrheiten hat und behauptet, die Wirklichkeit sei nur eine Konstruktion, sinnvoll, darüber zu sprechen, was wahr ist und was Fiktion? Wie zum Beispiel in sozialen Medien mit der Wahrheit umgegangen wird, wie hier mit gefälschten Identitäten Meinungsmache betrieben wird, wie hier eine Stimmung erzeugt wird, die mit der Realität nichts zu tun hat – all das beunruhigt mich und hier sehe ich Gefahr im Verzug. Dem stelle ich mich in meinem neuen Programm.  Auch, weil es mir generell ein Anliegen ist, Dinge zu thematisieren, die in der öffentlichen Wahrnehmung aus meiner Sicht zu wenig präsent sind.

Wie entsteht so ein Kabarett-Programm?

Der Grundgedanke ist immer die Frage: Was will ich dem Publikum sagen? Was ist mir wichtig? Was kann ich vielleicht bewegen? Ich habe beim Kabarett ja die außergewöhnliche Situation, dass ich als echter Mensch vor echten Menschen stehe, die wirklich da sind, und das auch noch freiwillig. Ich empfinde es als großes Privileg, etwas sagen zu können, mit dem ich Menschen direkt erreiche. Darum gebe ich auch immer mein Bestes, um aus dieser Situation etwas zu machen.

Sie sind Gründungsmitglied der „Hektiker“, der wohl erfolgreichsten österreichischen Kabarettgruppe. Wollten Sie jemals etwas Anderes werden als Schauspieler bzw. Kabarettist?

Als wir mit den „Hektikern“ begonnen haben, waren wir alle 16 Jahre alt und uns ging es in erster Linie darum, etwas Lustiges zu machen, das andere Leute auch lustig finden. Das hat zu unserem Glück funktioniert und wir sind im Laufe der Zeit quasi in der Öffentlichkeit erwachsen geworden. Bei mir ist dann der Gedanke immer stärker geworden, was ich mit dem Privileg, dass ich auf eine Bühne gehen kann und mir Leute zuhören, machen kann. In den Beruf als Kabarettist bin ich sozusagen hineingewachsen und die Frage „Was will ich werden?“ hat sich mir nie wirklich gestellt.

Was ist für Sie das Faszinierende an Ihrem Beruf?

Die Möglichkeit, von Mensch zu Mensch zu kommunizieren und natürlich die Freiheit, die mir dieser Beruf bietet. Ich habe keinen Chef, der mir etwas anschafft, sondern kann tun und lassen und vor allem sagen, was ich will. Darauf würde ich auch nur sehr ungern verzichten.

Man kennt Sie als durchaus kritischen Menschen, vor dessen Statements kaum ein Politiker sicher ist. Sind Sie auch ein politischer Mensch?

Ja, sicher. Politik interessiert mich sehr und es geht mir nicht nur darum, meine Meinung zu verschiedenen Themen zu sagen, sondern auch Dinge zu recherchieren und sie nochmals in die Öffentlichkeit zu bringen, über die sonst wieder Gras wachsen würde. Da habe ich einfach manchmal das Bedürfnis, den Rasenmäher wieder auszupacken. Dass Dinge aufgezeigt und die Mächtigen kontrolliert werden, ist für mich auch ein Wesen von Demokratie. Wenn ich dazu meinen Beitrag leisten kann, habe ich mein Ziel erreicht.

Wie sehr hat es Sie getroffen, dass der ORF die „Staatskünstler“ in Pension geschickt hat?

Ich finde es natürlich schade, weil wir gerne weitergemacht hätten. Wir lassen uns aber nicht entmutigen und arbeiten schon an einem neuen Format, zumal die Nachfrage gegeben ist und die Leute es ganz offensichtlich sehen und hören wollen. Ich persönlich finde überdies, dass investigative Satire notwendig ist in der Welt, in der wir leben.

Haben Sie Vorbilder?

Nicht konkret, aber es gibt einige Leute, deren Arbeit ich sehr schätze wie etwa den amerikanischen Satiriker John Oliver, der sich in seinen TV-Shows immer mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzt und dabei auch – in durchaus unterhaltsamer Form – sehr viel Wissen vermittelt, aber auch oft genug Leuten auf die Zehen tritt. Es ist ja in Amerika ein Trend, dass sich Jugendliche inzwischen mehr bei Comedians informieren als in Nachrichtensendungen; Leute wie John Oliver oder auch Stephen Colbert haben damit eine Informationsfunktion übernommen. Diese Form von Arbeit finde ich vorbildlich.

›› Wie in sozialen Medien mit der Wahrheit umgegangen wird, das beunruhigt mich, und hier sehe ich Gefahr im Verzug ‹‹

Worüber können Sie selber lachen?

Ich bin ein großer Monty Python-Fan und mag auch gekonnten Alltagshumor sehr, wie jenen von Loriot oder Gerhard Polt. Es muss nicht immer kritische Satire sein.

Wie gehen Sie mit Popularität um?

Mir hilft sicher, dass wir es mit den „Hektikern“ schon sehr früh erlebt haben, so wie Popstars im Rampenlicht zu stehen. Damals wie heute finde ich es irgendwie lustig, aber auch nicht mehr. Es wirklich ernst zu nehmen, wäre für mich ein schwerer Fehler. Natürlich hat meine Popularität etwas mit mir selber zu tun; ich kann und will mich nicht verrenken oder mir Gedanken machen müssen, ob ich jetzt etwas besser nicht tun sollte, weil ich damit jemanden verärgern könnte. Bei meinem Zugang zu Satire verscherze ich es mir ohnehin immer wieder mit irgendjemandem. So gesehen wäre es eine schlechte Idee zu versuchen, meine Popularität zu optimieren.

Mit wem würden Sie gerne mal einen Abend verbringen, und warum?

Bei mir gehen Arbeit und Privates ineinander über, weil ich habe das Glück habe, mit Freunden zusammenzuarbeiten. Ich schätze und genieße es, meine Freizeit im Kreis von Menschen zu verbringen, die ich sehr mag. Einer, den ich jedoch gerne kennengelernt hätte, ist Sir Karl Popper, ein großer Philosoph, dessen Denken ich immer sehr geschätzt habe.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wir leben in sehr aufgewühlten Zeiten und es gibt viele Bereiche, in denen wir uns – zu Recht – Sorgen machen müssen. Es wird sehr viel gelogen und aus Populismus werden Sachen so verbogen, dass sie nichts mehr mit der Realität zu tun haben. Ich wünsche mir, dass das Pendel wieder in die andere Richtung ausschlägt, dass wieder mehr Vernunft in die Debatten einkehrt, dass weniger Hysterie herrscht und vor allem der Fokus auf das gelegt wird, was wirklich wichtig ist im Leben. Für mich persönlich wünsche ich mir, dass ich mir meine Freiheit so beibehalten kann wie jetzt.

Was macht Sie glücklich?

Allem voran meine Familie. Aber einfach: Zeit haben – Zeit mit der Familie, Zeit gut zu essen und gut zu trinken, Zeit zu genießen, Zeit ein Buch zu lesen, Zeit für die Liebe. Zeit zu haben ist Lebensqualität.

PERSONALAKTE

FLORIAN SCHEUBA
Geboren: 5.4.1965
Sternzeichen: Widder
Liebesstatus: verheiratet, 3 Kinder
Infos: www.florianscheuba.at

Fotos: © Jan Frankl

 

2018-05-02T12:06:23+02:00