• ›› Manche Freunde sind plötzlich verschwunden. Andere stehen zu mir. Ich sage seither, dass ich viele Freunde hatte. Die guten sind mir geblieben.

Ein neuer Anfang,  nicht das Ende

Haka-Chef Gerhard Hackl über Freunde und die größte Krise seines Lebens(werks).

In einer Zeit, in der unternehmerisches Scheitern oft vorschnell verurteilt wird, braucht es Mut, sich offen zu zeigen und über schwierige Phasen zu sprechen.

Mein Gast Gerhard Hackl, Eigentümer des Trauner Traditionsunternehmens Haka, tut hier im CITY! Magazin nun genau das. Nach Monaten wirtschaftlicher Turbulenzen, intensiver öffentlicher Diskussionen und persönlicher Angriffe stellt er sich der Situation – ohne Ausflüchte, ohne Beschönigungen. Er spricht über seine Verantwortung, Loyalität und den langen Atem, den er nun benötigt, um Haka wieder auf Kurs zu bringen.

Lieber Gerhard, Du bist doch unternehmerisch schon ein Routinier. Wie konnte es mit Haka soweit kommen?

Vielleicht ist das gerade aus der Routine entstanden, weil ich nach Corona zu sehr im Tagesgeschäft drinnen war und aufgrund der gewaltigen Nachfrage nach weiteren Kapazitäten Ausschau hielt. So kam es zum Kauf des Standortes in Mondsee, der uns zudem Zugang zu wirklich top-qualifizierten Mitarbeitern aus der Region ermöglichte. Für die waren die letzten Monate besonders schlimm, weil ja der Verkauf durch den Vorbesitzer bereits ein Schock für sie gewesen ist. Wir waren im Vorjahr also zunächst am Limit und konnten mit Müh und Not unsere Liefertermine einhalten. Und jeder weiß, wie wichtig mir das immer schon war. Und dann kam plötzlich der Einbruch, deutlich weniger Nachfrage. Viele Bauprojekte wurden einfach eingestellt – auch weil die KIM-Verordnung für viele die Finanzierung erschwerte. Gleichzeitig mussten wir aber dann natürlich höhere Energiekosten, Löhne und Materialkosten stemmen. Ein Rechenfehler bei einem Großprojekt hat uns ebenfalls zu schaffen gemacht. Vor Corona hätte man so einen Fehler vielleicht noch irgendwie wegstecken können, aber unter diesen Umständen, bei dieser Gemengelage, ist das einfach nicht mehr möglich. Diese Spielräume hat man nicht mehr. Ein Teufelskreis.

Haka galt lange als Inbegriff von Ehrlichkeit, Fleiß und Qualität. Hat sich dieses Bild nun verändert?

In der medialen Darstellung jedenfalls. Plötzlich ist das Image beschädigt und du bist der Böse. Über Jahrzehnte habe ich Arbeitsplätze geschaffen und das Unternehmen stabil geführt. Doch wenn dann einmal etwas schiefgeht – in unserem Fall eine verspätete Auszahlung, die wir drei Wochen später vollständig nachgeholt haben – kippt die Außenwirkung sofort. Aus einer einzelnen Verzögerung wird dann in manchen Zeitungen schnell ein riesiges Drama. Das fängst du nicht mehr ein.

Wie sehr hat Dich als jemanden, der das Unternehmen in bereits 3. Generation führt, menschlich getroffen?

Sehr. Ich bin im Unternehmen groß geworden, habe schon 32 Jahre lang Verantwortung im Unternehmen getragen. Und wir haben schon einige Krisen erfolgreich gemeistert. Und dann heißt es plötzlich, ich hätte das Familienwerk zerstört. Dabei habe ich doch zuvor sehr viel aufgebaut, nur halt leider – wie jeder andere Mensch auch – Fehler gemacht, für die ich jetzt ohnehin selbst geradestehe. Aber ich habe die Firma doch nicht „ruiniert“.

Wie hat Dein Vater reagiert?

Er war zu dieser Zeit im Ausland, als die Berichte erschienen. Sogar im Urlaub wurde er darauf angesprochen, was ich angeblich alles falsch gemacht hätte. Aber er steht hinter mir, weil er die Fakten kennt, ein Ehrenmann und deshalb auch mein Vorbild ist.

Wie ist die Situation heute?

Wir führen beide Werke weiter, jedoch mit reduzierter Belegschaft. Mit rund 120 Mitarbeitern produzieren wir an zwei Standorten in Oberösterreich. Das Sanierungsverfahren hat uns Luft verschafft und unsere Handelspartner halten uns die Treue. Der Direktvertrieb hat unter der negativen Berichterstattung gelitten, aber wir haben durchgehend pünktlich geliefert und so viele positive Rückmeldungen seitens der Kunden wie nie zuvor.

Ihr seid auch international gefragt?

Der Schwerpunkt liegt in Oberösterreich, aber wir beliefern ganz Österreich und auch die Schweiz.

Was hast Du aus der Krise gelernt?

Die Kennzahlen müssen konsequent und permanent überwacht werden – egal wie „safe” man auch glaubt zu sein. Und man darf sich nicht zu sehr im operativen Hamsterrad verlieren, sondern muss Raum für zeitgerechte strategische Entscheidungen schaffen. Denn es ist in Firmen wie mit einer Lokomotive: Selbst nach einer Notbremsung kommt sie nicht sofort zum Stillstand, braucht auch einen viel längeren Bremsweg als ein Auto. Und das muss man gerade heutzutage noch mehr berücksichtigen.

Wie geht es Dir heute persönlich?

Diese Krise hat Spuren hinterlassen. Schlaflose Nächte, ständiges Grübeln – all das gehört jetzt zu meinem Leben. Aber ich habe mich schon etwas stabilisiert. Die Loyalität der Mitarbeiter, der Zuspruch meiner Familie, die Treue vieler Kunden und Partner hat mir dabei enorm geholfen. Trotzdem weiß ich: Es wird noch dauern, bis ich drüber hinweg bin.

Gab es auch Verständnis für die Lage?

Gott sei Dank, ja. Die Händler etwa sind selbst ja auch Unternehmer, wissen um die allgemein schwierige Situation. Und auch die Privatkunden haben ihre Erfahrungen in und mit Krisenzeiten. Jeder weiß mittlerweile auch, dass es keine sicheren Arbeitsplätze mehr gibt und die Kosten überall spürbar ansteigen. Man könnte also sagen: Scheitern war noch nie so einfach wie jetzt.

Gönnt man Unternehmern hierzulande eigentlich Erfolg?

Wenn die Leistung stimmt, ja. Unsere Küchen stehen seit Jahrzehnten für Qualität und machen den Kunden lange eine Freude – manche Küchen sind an die 50 Jahre alt und funktionieren zur Freude der Kunden noch immer einwandfrei.

Wenn wir uns in einem Jahr wieder treffen sollten, was würdest Du mir dann gerne erzählen wollen?

Ich hoffe, dass ich dann sagen kann, dass die entscheidenden Phasen erfolgreich gemeistert wurden, dass einige Mitarbeiter mehr Verantwortung im Unternehmen übernommen haben und ich wieder besser schlafen kann (lacht).

Du hast aber, lieber Gerhard, selbst in diesem Krisenjahr nie Dein soziales Tun vernachlässigt…

Nein, das kann ich nicht. Und das bin ich auch nicht. Wenn man mich ruft und ich helfen kann, bin ich da. Ich habe in der letzten Zeit sogar – ohne es zu müssen- einigen Mitarbeitern private Überbrückungsdarlehen gegeben.

Du hast viele Freunde. Immer noch?

Manche, die früher ständig präsent waren, sind plötzlich verschwunden. Andere stehen unverändert an meiner Seite. Ich sage seither, dass ich viele Freunde hatte. Die guten sind mir geblieben.

Fotos: © T.Duschlbauer

2025-12-01T19:48:11+01:00