SÄNGERKNABE …
… bleibt man FÜR IMMER.
… bleibt man FÜR IMMER.
Chorleiter Markus Stumpner über Musik und ein ganz besonderes Jubiläum.
ür die St. Florianer Sängerknaben ist 2021 ein ganz besonderes Jahr. Der älteste Knabenchor Österreichs feiert sein 950-Jahr-Jubiläum. CITY!-Redakteurin
Hilde Weber traf sich mit Chorleiter Markus Stumpner zu einem sehr persönlichen, exklusiven CITY!-Talk..
CITY!: In Zeiten wie diesen kommen wir um das Thema Corona einfach nicht herum. Wie ging es den St. Florianer Sängerknaben im für alle Kulturschaffenden schwierigen Jahr 2020?
Stumpner: Wir standen vor unserem ersten Frühlingskonzert, als es Mitte März 2020 zum ersten Lockdown kam. Für uns alle – sowohl für die Kinder als auch die Pädagoginnen und Pädagogen – war es schon eine schwierige Situation. Das Internat war geschlossen, die Buben waren im Homeschooling und damit sehr ausgelastet. Als Chorleiter habe ich ihnen in dieser ersten Phase den nötigen Freiraum gegeben. Im Mai haben wir dann, ähnlich wie in den Schulen, mit einem 2-Schicht-Unterricht begonnen.
Wie sah das aus?
Das Internat war wieder geöffnet und wir hatten einen wöchentlichen Wechsel. Bei uns sind ja Buben aus ganz Oberösterreich, da wäre es nicht möglich gewesen, tageweise zu wechseln. So war in einer Woche eine Gruppe im Unterricht und in der nächsten Woche die andere. Die Proben waren allerdings schon eine Herausforderung, denn die Buben durften ja nur einzeln oder höchstens zu zweit und auch dann nur mit dem nötigen Abstand unterrichtet werden. Im Gebäude haben wir Plexiglaswände aufgebaut und die Gruppenproben haben wir kurzerhand auf unseren Tennisplatz verlegt.
Blicken wir in die Zukunft. Heuer feiern die Florianer Sängerknaben ihr 950-Jahr-Jubiläum, sie sind damit der älteste Knabenchor Österreichs. Am 21. April 2021 findet dazu im Brucknerhaus ein Galakonzert statt. Worauf darf sich das Publikum freuen?
Unsere Thematik für dieses Jahr – und damit auch für das Konzert im Brucknerhaus – sind die vier Jahreszeiten. Im Zentrum des Konzerts steht das Stück „Die vier Jahreszeiten“ von Karl Weigl, ein Werk für Knabenchor und Klavier. Passend dazu werden wir zu Frühling, Sommer, Herbst und Winter auch noch andere Stücke zur Aufführung bringen – von Madrigalen aus der Renaissance über Volkslieder bis hin zu Chorwerken von Schubert und Brahms. Dass ich als Chorleiter dieses Jubiläumskonzert leiten darf, ist auch für mich etwas ganz Besonderes.
Wie wird man St. Florianer Sängerknabe?
Grundsätzlich kann sich jeder Bub, der gerne singt und musikbegeistert ist, jederzeit einen Termin für ein individuelles Vorsingen ausmachen. Dabei lernt er nicht nur mich, sondern auch die Räumlichkeiten und das Internat kennen. Wir wiederum lernen den jungen Burschen von seiner Art her kennen und gewinnen einen ersten Eindruck, wie die Stimme klingt. Der nächste Schritt ist ein Schnupperwochenende, bei dem der Junge auch mit den Sängerknaben zusammentrifft und wir sehen, wie er sich in der Gruppe zurechtfindet. Schließlich sind bei uns im Internat ja rund 40 Kinder im Alter zwischen 9 und 14 Jahren.
Gehen Sie auch auf Talentsuche?
Viele Eltern übersehen oft, welche Talente in ihren Kindern stecken. Darum machen wir uns hauptsächlich in Volksschulen auf Talentsuche. Wenn wir dann Eltern auf das Talent ihres Sohnes ansprechen, erleben wir sehr oft einen Wow-Effekt. Es gibt halt eine riesige Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten und so müssen wir aktiv auf die Leute zugehen und sie darüber informieren, wie das Internat bei uns funktioniert und welche Möglichkeiten die Buben hier haben.
Sie waren ja auch ein St. Florianer Sängerknabe. Wie sind Sie dazu gekommen?
Meine Volksschullehrerin hat mein musikalisches Talent entdeckt. Sie war gleichzeitig Nachbarin der Eltern eines St. Florianer Sängerknaben und hat mich und meine Eltern darauf aufmerksam gemacht. Wir sind dann einmal zum Vorsingen hergefahren. Ein Jahr später bekam ich einen Anruf, dass ein Platz frei wäre und ich habe spontan entschieden: „Gut, dann mach ich‘s!“. Zum Glück haben mich meine Eltern bei all meinen Vorhaben sehr unterstützt.
Wie war es für Sie als Neunjähriger, aus der Familie heraus und nach St. Florian ins Internat zu kommen?
Das war für mich nie ein Problem. Ich bin das jüngste von fünf Kindern und in meiner Familie war immer viel los. Die große Gemeinschaft hier im Internat mit 40 Kindern hat mir voll getaugt, egal ob wir gemeinsam gesungen oder Fußball gespielt haben. Ich fand das Leben hier klasse.
Und was ist, wenn ein Bub Heimweh hat?
Natürlich kommt es ab und zu einmal vor, dass ein Bub, der in seiner Familie sehr eingebettet ist, mit Heimweh zu kämpfen hat. Bei uns ist er in eine große Gemeinschaft integriert. Hier bei den Sängerknaben lernt man nicht nur viel Selbstständigkeit, sondern bekommt auch eine fundierte Ausbildung – nicht nur im Singen, sondern auch im sozialen Umgang mit anderen Kindern. Für den Prozess des Erwachsenwerdens finde ich das enorm wichtig.
Einmal Sängerknabe – immer Sängerknabe. Stimmt das?
Es gibt bei uns einen Männerchor bestehend aus ehemaligen Sängerknaben, der auch aktiv bei Konzerten beteiligt ist. Und wir haben einen Alumni-Club unserer Absolventen. Alle vier Jahre veranstalten wir ein Absolvententreffen, zu dem wir alle ehemaligen Sängerknaben einladen. Die gemeinsame Vergangenheit ist ein verbindendes Element und es ist egal, ob jemand in den 60er, den 80er oder den 2000er Jahren hier Sängerknabe war. Freundschaften, die in der Sängerknaben-Zeit geschlossen wurden, dauern bis heute an. Wenn man ein St. Florianer Sängerknabe wird, bekommt man gleichzeitig eine große Familie.
Sie sind seit 2018 Chorleiter der St. Florianer Sängerknaben. Wie schaut bei Ihnen ein normaler Arbeitstag aus?
Nachdem unsere Kinder – mal abgesehen von Corona-Zeiten – am Vormittag in der öffentlichen Volksschule bzw. der Mittelschule in St. Florian sind, beginnt bei mir der Tag mit internen Besprechungen mit der Geschäfts- und der Internatsleitung, sowie mit Vorbereitungen für Konzertprogramme und Proben. Nach dem Mittagessen haben die Buben Freizeit bzw. individuellen Instru-
mentalunterricht, ehe ich mit den stimmenweisen Proben beginne. In der Zeit von 16-18 Uhr machen die Buben dann ihre Hausaufgaben; sie werden dabei von ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen begleitet, die in engem Kontakt mit den Lehrerinnen und Lehrern der Kinder stehen.
Ihr Highlight als Chorleiter?
Meine Feuertaufe als Chorleiter auf unserer Tournee durch Südafrika. Es war die erste Tournee ohne unseren künstlerischen Leiter Franz Farnberger und für uns alle eine besondere Herausforderung. Die Tournee war ein voller Erfolg mit unvergesslichen Erlebnissen für uns alle.
Mit wem würden Sie gerne einmal einen Abend verbringen, und warum?
Mit Anton Bruckner – und dies nicht nur, weil ich hier an seiner Wirkungsstätte arbeiten darf. Mich würde interessieren, wie er dazu steht, dass er für St. Florian und uns Sängerknaben so eine Galionsfigur geworden ist. Und ob er seine Symphonien wirklich in erster Linie für Gott geschrieben hat und nicht für die Nachwelt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass wir bald wieder in einen Normalbetrieb zurückkehren können. Das ist auch für den Fortbestand der St. Florianer Sängerknaben wichtig, gerade im Jubiläumsjahr. Ein besonderes Anliegen von mir ist der Nachwuchs, weil es für uns im letzten Jahr durch die teilweise geschlossenen Schulen nicht leicht war, Nachwuchs für unseren Chor zu finden. Mein Appell an alle Burschen, die gerne singen: Meldet euch bei uns, kommt zu uns und entdeckt, wie schön es ist, ein St. Florianer Sängerknabe zu sein.
PERSONALAKTE
Stumpner Markus
Geboren: 16. Februar 1991
Sternzeichen: Wassermann
Liebesstatus: glücklich verheiratet mit Magdalena
Fotos: © fotokerschi.at, Georg Wiesinger, Manfred Corrine