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Dämonen im Anflug 

Zwischen Schaudern und Entzücken – die Perchten kommen auch zu uns.

 
Diese furchteinflößenden Figuren halten sich normalerweise im Alpenraum auf, aber im Winter treiben die „Kremstaler Perchten“ genauso bei uns ihr Unwesen. Diese in Felle gehüllten Gestalten tragen Glocken und auch Holzmasken, die tierische Züge verraten.

Die seltsamen Kreaturen, die an Adler, Bären oder Wölfe erinnern, sind jeweils mit drei Paar Hörnern ausgestattet. Sie verkörpern das Böse, das Bedrohliche, das es zu bannen gilt. Nach vorchristlichem Glauben richten sie in bestimmten Winternächten – den sogenannten Raunächten – Unheil an. Besonders zu Silvester sollen Geister und auch die Seelen der Verstorbenen die Menschen heimsuchen.

Authentisch. Die Perchtenläufe und auch andere Brauchtumsveranstaltungen in der Alpenregion zählen zum Eindrucksvollsten, was Österreich zu bieten hat. Allerdings gestalten Einheimische diese Events hauptsächlich zur eigenen Unterhaltung – also nicht für Touristen.

Neulinge. Die 25 Mitglieder der „Kremstaler Perchten“ sind Flachländer, die nicht mit der Tradition der Bergbewohner aufgewachsen sind. Erst 1999 ist die Gruppe entstanden. Ihr Gründer, der Koch Erwin Baumgartner, lernte das Perchtenbrauchtum kennen, als er auf Saison war. Der jetzige Obmann Helmut Neupler ist vor 20 Jahren dazugestoßen. Alle Beteiligten wollen uns Outsider an den einzigartigen Veranstaltungen teilhaben lassen. Deswegen treten sie bis zu 20-mal im Jahr auf, meistens im Oberösterreichischen Zentralraum, aber auch in Wien, Oberallgäu und dieses Jahr erstmals in Budweis. Sie sind zwischen Ende November und 5. Jänner im Einsatz.

Schwere Garnituren. Die Kremstaler leisten Erstaunliches – alles ehrenamtlich. Ihre Kostüme mit Masken wiegen nämlich 25 bis 40 Kilo. Außer den „Schiachperchten“ sind weitere Figuren vertreten: Nikolaus, Engel, Hexe, Habergeiß und Waldmann. Auch der Schmied darf nicht fehlen: Er soll mit dem Teufel im Bunde sein und das Feuer der Hölle benutzen, um das Eisen geschmeidig zu machen. Die wertvollen Verkleidungen, die bis zu 3.000 Euro kosten, stammen meistens aus Gastein. Auch umso teures Geld geben die einheimischen Schnitzer sie nur ungern her; am liebsten wollen sie das Perchtenbrauchtum allein für sich behalten.

Rowdys. Gelegentlich kommt es bei den orgiastischen Vorstellungen zu unerfreulichen Zwischenfällen. Auf dem Linzer Hauptbahnhof nahm einmal einer die Aufforderung, böse Geister auszutreiben, allzu wörtlich. Mit einem Feuerzeug versuchte er, eine Percht anzuzünden, was ihm zum Glück misslang. Bei einem Auftritt in der Linzer Solar City musste die Polizei einschreiten, um die Kremstaler zu schützen. Sie hatten einen Hinweis erhalten, dass rauflustige Jugendliche sie verprügeln wollten. Zieht einer an den Hörnern der fest angeschnallten Masken, können die Träger ernsthafte Rückgratverletzungen erleiden. Erfreulicherweise überwiegen die positiven Reaktionen der Zuschauer. Zu Tränen gerührt zeigte sich etwa der Vater eines blinden Buben, als ein Maskierter sich vor dem Kind niederkniete und sich von ihm betasten ließ.

Die Perchten live zu erleben, ist ein unvergessliches Erlebnis. Es wäre schade, das zu versäumen. Folgende Veranstaltungen im oö. Zentralraum stehen für Dezember auf dem Programm:

Am 6. Dezember, 19 Uhr im Café am Platzl in Wels.
Am 7. Dezember um 17 Uhr am Weihnachtsmarkt in Ansfelden und um 20 Uhr findet ein Perchtenlauf mit mehreren Gruppen in Pucking statt.
Am 21. Dezember um 18 Uhr folgt noch ein Auftritt in Traun, Bahnhofstraße 2. Ein sehenswertes Video findet man auf YouTube: „Börwang brennt“.
Weitere Informationen im Internet auf: www.kremstaler-perchten.at

Fotos: © Manfred Binder

2024-12-03T21:46:01+01:00