• GARDEMÄDCHEN GESUCHT. Interessentinnen informieren sich online: www.faschinginlinz.at

Der Linzer Fasching als 5. Jahreszeit leidet am gesellschaftlichen Wandel.

Warum feiert die Landeshauptstadt den Fasching nicht etwa wie Ebensee? „Weil die Linzer zum Lachen in den Keller gehen“, so manche Spötter. Der Präsident der „Ebelsberger Faschingsgilde“, Wolfgang Harrer (73), hat aber eine ganz andere Erklärung dafür.

Hat Walter Witzany mit Wolfgang Harrer als Präsidenten der Faschingsgilde Linz – Ebelsberg Kleinmünchen gar nun jenen Mann ausfindig gemacht, der die Linzer zum Lachen in den Keller treibt? „Eber Eber Hoi“, so lautet die besondere Begrüßung Witzanys als er auf seinen Interviewpartner trifft. 
Sag, Wolfgang, Faschingsgilde Linz-Ebelsberg Kleinmünchen, wieso diese Bezeichnung?
Es hat früher Faschingsgilde Ebelsberg Kleinmünchen geheißen, und weil wir dann die einzige Gilde in Linz waren, haben wir Linz dazu genommen.
Aber Fasching in Oberösterreich, das bedeutet doch Ebensee, und vielleicht noch ein bisschen Bad Hall. Das närrische Treiben ist und war doch in Linz leider kaum jemals vorhanden.
Ja, es gibt aber schon noch mehr Gilden in Oberösterreich, die den Fasching leben. Zum Beispiel in Kirchdorf und Bad Ischl. Linz gibt es eben auch, aber der letzte Umzug war bereits 2019. Das stimmt…
2009 kann man sich zurückerinnern, 2014 und 2019 auch. Damals waren jeweils über 60.000 Fans in Linz auf der Straße. Der nächste wäre 2024?
Ja, der wäre fürs nächste Jahr geplant. Er ist aber noch nicht fix.
Was ist denn das Schwierige an der Organisation?
Schwierig ist, dass wir eine sehr kleine Gilde mit um die 20 Mitglieder sind. Wir haben in den letzten Jahren tragischer Weise einige Mitglieder verloren. Für uns ist so ein Umzug viel Arbeit, weshalb wir das nur alle 5 Jahre machen können.
Wie schaut es mit dem Nachwuchs aus? Findet man noch Gardemädchen?
Das ist, wenn Du mich so fragst, eigentlich das Schwierigste überhaupt.
Warum ist das so?
Ach, junge Mädchen haben heute so viele Möglichkeiten, bei einem Verein oder bei einer Tanzgruppe mitzumachen. Die Garde bringt zudem finanziell nichts. Hingegen gibt es Vereine, wie z.B. die Cheerleader, die für die Auftritte bezahlen können. Und in der Pandemie ist das Interesse weiter geschrumpft. Mehr als acht Gardemädchen hat es in Linz aber ohnehin nie gegeben.
In deutschen Städten wie Mainz oder Köln gibt es aber bei den Gardemädchen überhaupt kein Problem. Woran liegt das?
Da gibt es etwa gleich Turnvereine, welche die Garde stellen. So sind dann auf einmal 20 Mädchen da.
Nachdem das hier aber so schwierig ist. Warum tust Du Dir das noch an?
Ja, warum tu ich mir das an? Noch dazu als Eferdinger. Das habe ich mich auch schon oft gefragt. Die Antwort war immer die gleiche: Ich bin ein Mensch, der auf der geselligen Seite lebt. Der Fasching ist gemütlich und die Leute sollen doch zumindest ein paar Wochen im Jahr fröhlich sein. Auch die Linzer (lacht). Denn recht viel zu lachen haben wir alle momentan ja ohnehin nicht mehr. 
Ist es für Dich auch eine Form der Traditionspflege?
Ja, unbedingt. Der Fasching ist die fünfte Jahreszeit. Und auch die gehört gepflegt (lacht).
Was ist der Sinn dieser Tradition? ist es das Ausgelassen-Sein und auch die Möglichkeit, die Obrigkeit zu kritisieren?
Das würde ich so meinen, wobei „kritisieren“ ein wenig stark ist. Im Fasching gibt es halt die Möglichkeit, Dinge zu sagen, die man so sonst nicht sagen würde. Bei den Sitzungen ist es dann aber meist so, dass selbst die lachen können, die mit der Kritik gemeint sind.
Seit wann machst Du das? 
1989 bin ich dem Verein durch Zufall beigetreten, weil ich meine Frau dort kennenlernte. Die war Gardemädchen bei den Ebelsbergern. Ich habe mir das damals angeschaut und seither bin ich bei der Gilde. Zuvor war ich noch kein begeisterter Faschingsnarr.
Und gibt es eine Sitzung oder einen Moment, an den Du Dich erinnerst und Dir sagst, Das war lustig, das war kritisch, das war perfekt?
In Linz haben wir keine Sitzungen, aber wir haben jedes Jahr am Faschingssamstag einen Hofball im Gasthof Strauss in Freindorf. Auch heuer wieder. Am 18.02. ab 20 Uhr. Hoffentlich kommen auch viele CITY! Magazin-Leser. Wir würden uns freuen…
Es heißt, die Linzer gehen in den Keller zum Lachen. Stimmt das?
Aber wo, wenn wir unterwegs sind, sind auch die Linzer immer gerne mit dabei. Wir machen ja etwa immer am 11.11.  das Narrenwecken, wo die Prinzenpaare inthronisiert werden und wir zum Bürgermeister gehen, um den Rathausschlüssel zu holen. Das war immer spaßig.
Wie viele Engagements hat die Faschingsgilde?
Das ist unterschiedlich. In den guten Jahren hatten wir schon bis zu 20 Auftritte.
Und wie ist das? Bekommen die Gardemädchen die Kostüme geschenkt?
Ja. Die Gardemädchen haben auch keine Unkosten, zahlen keinen Mitgliedsbeitrag und werden bei den Auftritten verköstigt. Das Training kommt zudem einer Sportstunde gleich. Alles ohne Kosten.
Wenn jemand das CITY! liest und sich sagt, ich möchte gerne Gardemädchen werden. Wo soll sie sich melden?
Am besten direkt bei mir. Ich bin schon sehr lange dabei und kann alle Fragen beantworten. Wir sind auch online (unter faschinginlinz.at) vertreten. Dort gibt es alle Infos.
Können sich Firmen für ihre Feste die Gilde mieten?
Ja, klar. Einfach gleich mich anrufen: 0664-1607044
Deine Tätigkeit ist ja ehrenamtlich. Was ist früher eigentlich Dein Brotberuf gewesen?
Ich habe bis zur Pension einen Malereibetrieb gehabt.
Lieber Wolfgang, Du bist mit Leib und Seele bei der Sache. Wie lange noch?
Ich schaue gerade, dass ich für die Faschingsgilde den passenden Nachfolger finde. Ich bin heuer 22 Jahre Präsident.Das ist eine Schnapszahl. Ich bin also in einem Alter, wo ein Wechsel angesagt ist. Das ist momentan mein größtes Anliegen. Und zum Wohle der Gilde wünsche ich mir natürlich auch neue Mitglieder.  Zum Glück unterstützen uns dabei Medien wie das City! Magazin. Danke dafür!
Wir danken und wünschen  „Eber Eber Hoi“ alles Gute und toi, toi, toi!

SCHWIERIGES CITY-PFLASTER

Abgesehen von typischen Faschings-Hochburgen wie Ebensee, Bad Aussee, Villach hat es das bunte Narrentreiben hierzulande schon historisch begründet in den Städten etwas schwerer. So verbot aus Angst vor Aufsässigkeit, Übergriffen und sexuellen Ausschweifungen einst Joseph II. sogar Faschingsveranstaltungen. Grundsätzlich sei der Fasching aber eine katholische Tradition. Das Ausgelassen-Sein und die Möglichkeit, die Obrigkeit zu kritisieren, war schon sehr früh ein Ventil für Menschen, die nach der katholischen Lehre den Rest des Jahres frömmig leben sollten. Wohl auch deshalb ist der Fasching im tief katholischen Ausseerland und in Ebensee halt auch besonders verwurzelt.

Fotos: © T.Duschlbauer, Faschingsgilde Linz-Ebelsberg

2023-09-19T15:38:06+02:00