• RASCH HELFEN UND DAUERHAFT GESTALTEN. In (Krisen-)Zeiten wie diesen wird Wolfgang Hattmannsdorfer als Sozial-Landesrat täglich auf die Probe gestellt.

Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer über Schwerpunkte im Mega-Ressort.

Moderne Sozialpolitik hat nicht die Verwaltung von Elend im Fokus, sondern orientiert sich an Problemlösungen und arbeitet aktiv an einer fairen Gestaltung von Gesellschaft.

Diesen Anspruch leite ich aus meinem Gespräch mit Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer ab. Der Linzer hat dieses Mega-Ressort im Land vor zwei Jahren übernommen.
Sie waren zwar zuvor als ÖVP-Parteimanager zeitlich auch schon gefordert, aber wie sehr hat sich Ihr Leben nun als Regierungsmitglied verändert? 
Das ist zugegebenermaßen schon noch eine ganz andere  Herausforderung. Vor allem eben in zeitlicher Hinsicht.Umso mehr versuche ich aber als Privatperson ganz gezielt auch für meine Familie da zu sein und mich etwa in der Früh stets um meine zwei Kinder zu kümmern. Vom Aufstehen, über das Zähneputzen bis hin zum Weg in die Schule. Am Wochenende bemühe ich mich, meinen beiden Söhnen ein Vater-Sohn-Erlebnis zu bieten. Das tue ich aber nicht nur für sie, sondern auch für mich (zwinkert). Denn Kinder erden einen und sind für mich auch ein Ausgleich zum Job.
Bislang stellten stets SPÖ-Politiker den Sozial-Landesrat. Deshalb waren die Roten anfangs verärgert und so manche Sozialeinrichtung wohl auch etwas verunsichert, als Sie dieses Amt 2021 übernahmen. Mittlerweile hat sich die Aufregung gelegt. Haben Sie bewiesen, dass auch ein Schwarzer Soziales kann?
Ehrlich, Herr Witzany, diese Aufregung habe ich nie gespürt. Die Menschen sind großteils doch wirklich an einer soliden Sozialpolitik interessiert. Aber ja, ich habe im Sozialressort einen neuen Stil etabliert: Erstens werden Probleme klar angesprochen. Zweitens haben wir einen Gestaltungs- und Professionalisierungsanspruch und verändern konsequent dort, wo Veränderungen notwendig sind. Drittens führen wir das Sozialressort sehr dialogorientiert und bauen Brücken über Parteigrenzen hinweg. Denn man kann nur erfolgreich sein, wenn man auch aktiv mit allen Beteiligten die Zusammenarbeit sucht. Das mache ich und das gelingt wohl auch ganz gut.
Was waren denn die sozialen Meilensteine in diesen rund 700 Tagen als Landesrat?
Wir haben es mit der „Fachkräftestrategie Pflege“ in einem parteiübergreifenden Kraftakt geschafft, die steigende Anzahl der leerstehenden Betten zu bremsen. Zudem haben wir unsere „Leitlinie Integration“ mit verpflichtenden Deutschkursen konsequent umgesetzt. Es kam zu einer Verdoppelung der Deutschkurse und gleichzeitig zu einer Koppelung mit der Sozialhilfe. Wer diese in OÖ. bezieht, muss Deutschkurse absolvieren, ansonsten wird die Unterstützung gekürzt. Drittens haben wir angesichts der Teuerung etwa auch mit dem Wohn- und Energiekostenbonus rund 150.000 Haushalten unter die Arme gegriffen.
Sie werden von vielen ja – sollte die ÖVP sich nach der nächsten NR-Wahl 2024 wieder in einer Regierung befinden – schon als Sozialminister gehandelt. Hand aufs Herz – käme das für Sie in Frage?
Ich bin voller Leidenschaft oö. Landespolitiker und voller Leidenschaft Sozialpolitiker. Und ich glaube, es gibt in dieser Legislaturperiode hier noch sehr viel umzusetzen.
Wie ein Nein klingt das aber auch nicht?
Wie gesagt, ich übe mein jetziges Amt mit Leidenschaft aus, ich freue mich über das bislang Erreichte, und mein Fokus gilt auch weiterhin ganz klar der Landespolitik.
Sie haben die Integration vorhin schon erwähnt. Die Asylzahlen sind zurückgegangen, aber im EU-Vergleich immer noch relativ hoch in Österreich. Schaffen wir das?
Es braucht jedenfalls einen Paradigmenwechsel in der Integrationspolitik. Derzeit können wir eher von einem Zufallssystem sprechen. Wir brauchen Leute, die sich integrieren und einen Beitrag zu unserem Wohlstand leisten und nicht nur quasi in das Sozialsystem immigrieren. Abgesehen von wirklich verfolgten oder vertriebenen Asylsuchenden braucht es also eine harte Auswahl, jedoch mit vollen Chancen und Perspektiven. Wir sollten uns dabei an Ländern wie der USA, Kanada und Neuseeland orientieren, wo Zuwanderer ausgesucht werden, für die es auch ein Aufstiegsversprechen gibt. Jene, die fleißig sind, deutsch lernen, sich weiterbilden möchten und integrieren, sind bestimmt herzlich willkommen.
Und was soll mit kriminellen Asylwerbern passieren?
Ganz klar und deutlich: Kriminelle Asylwerber gehören sofort abgeschoben. Deren Gastrecht wurde verwirkt. Hier gibt es seitens Oberösterreichs auch eine glasklare Forderung an die Bundesregierung, und zum Glück haben der Bundeskanzler und der Innenminister mit dem Schengen-Veto für Rumänien in Europa auch schon einen Umdenkprozess angestoßen. Übrigens: Sogar in Deutschland wird jetzt bereits mein Vorschlag diskutiert, ob man Asylwerber für Hilfsleistungen einsetzen darf. In der EU, wo es die europarechtlichen Grundlagen für Veränderungen braucht, bewegt sich also etwas. Das war schon sehr dringend notwendig.
Sie sind auch für Pflegekräfte zuständig – eine weitere Herkules-Aufgabe. Der demografische Wandel erhöht den Pflegebedarf beträchtlich. Sie haben deshalb ja sogar Pflegekräfte aus den Philippinen organisiert – wie funktioniert das und was braucht es noch?
Oberste Priorität im Sozialressort ist es seit meinem Amtsantritt, dass wir ausreichend viele Pflegekräfte finden. Aktuell sind 75.000 Menschen pflegebedürftig, und bis 2040 wird dieser Anteil um 45 Prozent auf 107.000 Menschen ansteigen. Der demografische Wandel ist derzeit die größte gesellschaftliche Herausforderung in OÖ. Deshalb geht es nun darum, dass wir die Arbeitskräfte finden und sich die ältere Generation auch künftig darauf verlassen kann, gut gepflegt und betreut zu werden. Deshalb haben wir parteiübergreifend mit dem Städte- und Gemeindebund eine Fachkräftestrategie mit 50 konkreten Maßnahmen entwickelt. Sie dient dazu, bestehende Pflegekräfte zu entlasten, alle Ausbildungen attraktiver zu machen und neue Mitarbeiter zu gewinnen. So sollen auch noch mehr junge Leute für die Pflege gewonnen werden, weshalb es die Pflegelehre und digital-hybride Pflegeausbildungen gibt. Weiters sprechen wir Umsteiger mit einem Pflegestipendium ohne Zuverdienstgrenze an. So können Menschen beispielsweise nach der Kinderbetreuung in eine neue Karriere starten und sind finanziell abgesichert. Eine neue Kategorie, die wir eingeführt haben, ist zudem das Stützpersonal. Pflegekräfte können also bereits tätig sein, wenn sie ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben. Und ja, ein flankierendes Versatzstück dazu ist die Ansprache von ausländischen Arbeitskräften, wie eben den philippinischen Pflegerinnen, die alle eine abgeschlossene Diplomausbildung auf höchstem Niveau haben. Derzeit sind bei uns 81 solcher Pflegekräfte im Einsatz, und wir werden das noch weiter ausbauen. 
Welche Rolle spielt Geld dabei? 
Wir zahlen unseren Pflegekräften einen zusätzlichen Pflegebonus. Die Pflegegehälter wurden mit den KV-Erhöhungen auch der Teuerung angepasst. In Summe glaube ich, kann sich das Angebot in OÖ schon sehen lassen. 
Sie feiern am 20.11. ihren 44. Geburtstag. Was wünschen Sie sich zum Ehrentag für diese Welt und ganz persönlich?
Gesellschaftlich würde ich mir im Allgemeinen eine Spur weniger Aufgeregtheit wünschen. Sagen wir: Mehr Maß und Mitte würde uns bestimmt allen wieder ganz gut tun. Und persönlich wäre es schon echt cool, wenn ich mir auch Zeit nehmen kann, um den Geburtstag in aller Ruhe mit meiner Familie zu feiern. Mehr wünsche ich mir nicht.

DAS SOZIAL-RESSORT IN ZAHLEN

Mehr Sozialbudget. Rund 11 Prozent des OÖ-Gesamtbudgets (867 Mio. Euro) verantwortet VP-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer im Sozial-Ressort. „Unser soziales Netz ist dicht und fängt jene auf, die unsere Hilfe brauchen. Gleichzeitig unterstützen wir es, wenn Leistung erbracht wird und fordern den Beitrag jedes einzelnen auch aktiv ein“, so Hattmannsdorfer.
Schwerpunkte. Pflege und Betreuung (Fachkräftestrategie), Soziale Hilfen (Teuerungshilfen) und Menschen mit Beeinträchtigungen.
Weniger Sozialhilfe. Die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger sank zuletzt beständig. Nur noch 5.549 Personen beziehen in OÖ Sozialhilfe (Stichtag 30.09.2023) – im Vergleich zum Stichtag 2021 ein Rückgang von 32 Prozent. Das erfreut auch den Koalitionspartner und FP-Klubobmann Herwig Mahr: „Durch unser Handeln gelang es, für mehr Gerechtigkeit im Sozialsystem zu sorgen. Die Sozialhilfe darf keine soziale Hängematte für Integrations- oder Arbeitsunwillige sein.“

Fotos: © Peter Mayr, Philipp Albert/Land OÖ

2024-04-01T22:15:14+02:00