Ein Mann für alle Fälle
Entertainer und Intendant Alfons Haider über seine Projekte, das Alter und die Neider.
s gibt ja bekanntlich diese Bezeichnung des „Altachtungsechzigers”. Einen ganz ungewöhnlichen habe ich neulich bei seinem Linz-Besuch im Café Traxlmayr für ein Interview getroffen. „Ungewöhnlich” deshalb, weil der Alfons Haider sicherlich kein angepasster Spießer ist – ganz im Gegenteil – man ihm aber seine 68 Lebensjahre einfach nicht ansieht.
Trotz all der vielen Aktivitäten als Mörbisch-Chef, Schauspieler, Sänger und Moderator könnte man meinen, dass er eine Zeit lang kryogenisch eingefroren war. Auf jeden Fall hat er sich gut gehalten, ist sich selbst und seinem Stil zudem stets treu geblieben und blickt – was heutzutage schon selten geworden ist – optimistisch und voller Tatendrang in die Zukunft.
Lieber Alfons! Willkommen in Linz! Schön, dass Du extra für diesen Plausch nach Linz gekommen bist. Oder hätte ich Dich jetzt besser mit Herr Professor anreden sollen?
Nein, lieber Walter, bitte sag Alfons. Der Professor macht gleich amoi um 20 Jahr älter (lacht). Die Auszeichnung hat mich geehrt, selbstverständlich – aber ich bin ein ganz normaler Mensch, putz mir die Zähne und geh aufs Klo. Also bitte ganz locker (zwinkert). Ich bin gerne für Dich und das CITY! Magazin nach Linz gekommen. Eine tolle Stadt, die ich privat leider noch viel zu wenig kenne.
Kein Wunder, Du bist ja sehr eingespannt, ganz viel unterwegs. Du lebst in Wien und seit 2021 natürlich auch oft im Burgenland, wo Du als Intendant den Seefestspielen in Mörbisch eine neue Ausrichtung gegeben und dort somit dem Musical zu großen Erfolgen verholfen hast. Der Weg dorthin war aber war wohl nicht so einfach. Warum die Entscheidung für das Musical?
Das war keine leichte Entscheidung, zumal es doch gerade ein Harald Serafin war, Gott hab ihn selig, der in Mörbisch der Operette wirklich eine große Bühne gab. Dennoch war es die richtige Entscheidung. Denn die jüngere Generation hat eben einfach doch auch Schwellenängste hinsichtlich Opern und Operetten. Musicals hingegen werden auch von den Jüngeren gestürmt. So manch älterer Stammgast war ob dieser Veränderung anfangs natürlich schon a bissl grantig. Allerdings hat sich das schnell wieder gelegt, und nun haben auch die Junggebliebenen mit meiner Musical-Entscheidung Freude und Frieden gefunden. Und außerdem hat ja die Operette mit dem Schloss Tabor in Jennersdorf ein würdiges neues Zuhause bekommen, wo wir uns als ganzes Team mittlerweile übrigens auch schon wieder über einen 93-prozentigen Auslastungsgrad freuen dürfen. Das alles hat auch Harald Serafin übrigens sehr gefreut.
Was macht für Dich Mörbisch und die größte Seebühne der Welt aus?
Ich glaube, dass man hier angesichts der tollen Bühne wirklich in anderen Dimensionen denken kann. Das war eben auch mit ein Grund für die Musical-Entscheidung. Der Ort schreit genau genommen sogar nach einem Musical mit großartiger Kulisse am See, wo eine „West Side Story” dann halt auch wirklich im wahrsten Sinne des Wortes ganz groß raus kommt. Oder wer bei uns „Mama Mia” miterlebt hat, der wird sich erinnern, dass wir hier auf der Seebühne ein griechisches Dorf aufgebaut haben. Einfach gigantisch. Wir öffnen deshalb sogar schon eine Stunde vor Aufführungsbeginn die Tore, damit das Publikum diese atemberaubende Kulisse noch in aller Ruhe genießen kann. Alle Besucher sind davon beeindruckt, egal wo sie sitzen – es ist ein Erlebnis, das offenbar sogar die Gelsen immer wieder aufs Neue beeindruckt. Denn die sind nun längst nicht mehr so lästig, wie sie früher einmal waren (lacht).
Mörbisch liegt ja ganz im Osten Österreichs, und somit auch nicht gerade ums Eck für die Oberösterreicher. Und dennoch sind gerade meine Landsleute eine Fixgröße im Publikums-Ranking von Mörbisch…
Ja, absolut. Rund 20 Prozent unserer Besucher kommen aus Oberösterreich. Das sind etwa 35.000 Menschen pro Jahr – Tendenz weiter steigend. Das freut uns sehr und hat ja vielleicht auch damit zu tun, dass das wunderbare Linzer Musiktheater mittlerweile auch längst zu einer Top-Spielstätte großartiger Musicals geworden ist. Und so profitieren wir natürlich auch etwas mit vom Musical-Boom.
Tickets sind aber nicht immer ganz leicht zu bekommen – die Schattenseite des Erfolgs?
Na ja, mir ist diese Situation schon viel lieber, als würden wir zu wenige Karten verkaufen. Aber ich weiß natürlich um dieses Problem, weshalb wir darüber nachdenken, die Spielzeit künftig um eine Woche zu verlängern. Jedenfalls ist der Ansturm eine riesige Auszeichnung für uns.
Und der hat auch schon jetzt wieder begonnen für die Saison im nächsten Jahr. Was erwartet das Publikum 2026 in Mörbisch?
In Mörbisch wird nächstes Jahr der südfranzösische Ort Saint-Tropez nachgebaut. Ich denke, Du kannst Dir schon vorstellen, um welches Musical es sich handeln wird?
Alfons, ich bin vorbereitet. 2026 folgt ein „Käfig voller Narren“ mit Mark Seibert…
Ja, genau, lieber Walter. Und ich freue mich schon sehr auf „La Cage Aux Folles”, diese liebevolle und absolut lustige Komödie. Ich habe sogar den Film dreimal gesehen, so köstlich war der. Auch wenn da einige Frauen im Kino schon a bissl neidisch auf die Männer-Darsteller waren, weil die halt wirklich so absolut perfekte Revue-Beine hatten. So wirds auch in Mörbisch.
Nur gleich vorab: Mir geht es damit aber nicht um die Inszenierung einer Schwulenoper. Vielmehr will ich inmitten unserer wunderschönen See-Kulisse und einer gewaltigen 60 Meter breiten Showtreppe zeigen, dass Liebe, ganz egal wie man sie lebt, immer Liebe ist. In „La Cage aux Folles” verliebt sich der Sohn eines homosexuellen Clubbesitzers ja in ein Mädchen, das ausgerechnet die Tochter eines rechtskonservativen Politikers ist. Und trotz aller humorvollen Verwirrungen gibt es in Mörbisch auch 2026 wieder ein Happy End. Was gerade jetzt angesichts vieler Krisenherde und der leider auch wieder aufkeimenden Homophobie in unserer Gesellschaft so wichtig ist. Das Stück soll also berühren und die Vielseitigkeit der Liebe zelebrieren – aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, vielmehr mit Augenzwinkern und eben ganz viel Humor.
Das Musical wird also sehr lustig und ist mit Dir und einem weiteren Publikumsliebling auch toll besetzt…
Absolut. Dieses Musical hat wahnsinnig viele Pointen, die natürlich auch ganz exakt sitzen müssen. Deshalb habe ich mir dafür auch Musicalstar Mark Seibert gewünscht. Und ich habe gesagt, wenn der Mark tatsächlich spielt und es auch eine Rolle gibt, die nach mir schreit, dann werde ich selbst auch wieder auf der Bühne stehen. So werde ich nun also die Zaza geben. Und acht Minuten zuvor werde ich noch wie gewohnt das Publikum als Intendant begrüßen. Puh!
Klingt herausfordernd, wir wünschen schon jetzt: Toi, toi, toi! Ende letzten Jahres hattest Du weniger Glück und einen Eis-Ausrutscher. Fans fürchteten, dass Du länger ausfällst. Du auch?
Im ersten Moment dachte ich auch daran. Allerdings war ich fünf Tage nach der Operation schon wieder bei meinen Proben am Landestheater Salzburg, wo ich im Musical „Skiverliebt” eine Rolle hatte. Mag sein, dass das ein Fehler war – denn mein Pflichtbewusstsein sorgte dafür, dass meine Hand jetzt nur noch zu 30 Prozent einsatzfähig ist und ich eine längere Physiotherapie benötige. Aber wenn man so einen Beruf hat und diesen mit Leidenschaft ausübt, dann kann man nicht so einfach pausieren.
Du bist ja nicht nur vielseitig, Du musst wie jeder andere auch das Privatleben meistern. Wie geht es Dir mit dem Spagat zwischen Karriere und privaten Herausforderungen?
Jeder Beruf bringt Herausforderungen mit sich. Das Besondere an meinem ist, dass man ein Gesicht hat, welches die Öffentlichkeit kennt und man doch irgendwie unter ständiger Beobachtung steht. Und selbst dann, wenn man sich einmal nicht so wohl fühlt, wird von einem Künstler eben erwartet, stets charmant und freundlich zu sein. Trotzdem liebe ich diesen Beruf. Es gibt nichts Schöneres, auch wenn es manchmal sehr fordernd ist. Ich sehe im Dasein als Schauspieler und Moderator auch meine wirkliche Berufung.
Du musstest auch etwas leiser treten als Deine Mutter ein Pflegefall wurde. Sie ist vor zwei Jahren gestorben, und es ist kein Geheimnis, dass Du sehr an ihr gehangen hast. Wie geht es Dir heute mit diesem Verlust?
Das war wirklich verheerend… Meine Mutter hatte das Pech, dass sie zwar an Demenz litt, anfangs aber auch immer wieder quasi zurückgekommen ist. Und im Bewusstsein dieser Krankheit litt sie dann umso mehr. Es war unendlich traurig mitanzusehen, wie ein Mensch, der einmal so lebensfroh und selbstbestimmt gewesen ist, nun ein derart unschönes Leben führen musste. Das wünsche ich niemandem. Ihre letzten Lebensjahre wurden dann natürlich auch noch wie bei so vielen Menschen von Corona erschwert, aber sie hat die ganzen Maßnahmen damals mit Humor genommen. Ihr Tod hat eine Kerbe in mein Leben geschlagen, auch mein Körper hat dementsprechend reagiert. Ich bin dennoch sehr froh, dass ich meine Mutter bis zum Schluss begleiten konnte.
Du bist eine Stilikone, vom Scheitel bis zur Sohle. Wieviel Eitelkeit steckt denn in Alfons Haider?
Der war schon immer berufseitel (lacht). Aber bei mir war es wie mit den Blondinen bei den Frauen, dass ich als attraktiver Mann auch immer wieder mit dem Vorurteil kämpfen musste, dass ich talentbefreit wäre. Diese Art des Neides hat mich lange begleitet und ich habe mich darüber leider auch zu lange geärgert. Das tue ich jetzt aber nicht mehr. Ich bin mit allem im Reinen, sogar mit dem Altern. Auch wenn ich, was wohl jeder Ältere kennt, plötzlich feststelle, dass ich immer häufiger der Älteste am Tisch oder in einem Team bin (zwinkert). Was mir aber manchmal schon zu denken gibt, ist, dass ich nicht mehr so viel Kraft wie früher habe. Ich muss mir deshalb jetzt auch meine Zeit besser einteilen und mir allgemein mehr Freiräume schaffen, um wieder Energie zu tanken.
Du hast in einem Interview einmal gesagt, dass Du für den ORF gerne noch einmal den Opernball moderieren würdest. Hast Du das ernst gemeint?
Ja, auch wenn der ORF nach meinen 24 Opernball-Einsätzen als Moderator die Zusammenarbeit mit mir nicht gerade feinfühlig aufgekündigt hat, bin ich heute nicht mehr bös deswegen. Denn weißt Du, lieber Walter, auch wenn mir dieses plötzlich harte Ende menschlich weh getan hat, ich habe mit dem ORF auch ganz viele wunderbare Jahre erlebt und ihm doch auch den Großteil meiner Popularität zu verdanken. Fazit: Für den Opernball im ORF bin und bleibe ich jedenfalls im Stand-by-Modus (lacht).
Wer hat Dich bei den Mittellogen-Interviews am meisten begeistert?
Das war schon die Sophia Loren, eine unglaublich tolle Frau. Bei der habe ich weiche Knie bekommen – und nicht nur, weil es der erste Opernball war, den ich moderiert habe. Sie hat meine Unsicherheit bemerkt und meinte cool: „You know, I am also nervous”.
Richard „Mörtel” Lugner war ja anfangs kein Fan von Dir. Aber ihr habt dann doch noch Frieden geschlossen…
Ja, absolut. Er war schon ein besonderer Mensch, ein Wiener Unikum halt – mit speziellen Englischkenntnissen (zwinkert). Aber das alles hat ihn eben auch ausgemacht. Er ist mit mir vor fünf Jahren zum Essen gegangen und hat gesagt: „Weißt Du, das war jetzt das einzige Mal, dass ich alleine mit einem Mann zum Abendessen gegangen bin.” Auch meine Mutter hat er sehr gemocht. Drei Wochen vor seinem Tod hat er 2024 noch die Seefestspiele in Mörbisch besucht – im Rollstuhl. Ich fand das sehr berührend, habe ihn vor Publikum auch herzlich begrüßt.
Was würdest Du jungen Meschen raten, die in Deine Fußstapfen treten wollen?
Um Gottes Willen! Jeder sollte einen gscheiten Beruf erlernen. Wer aber das machen möchte, was ich tue und dafür bestimmt ist, der muss diesen Traum auch leben und darf niemals aufgeben.
Alfons, danke für das tolle Gespräch!
Alfons Haider
im WordRap
Ein guter Tag beginnt… für mich mit Sonnenschein
Meine Mutter nannte mich… Burli
Nicht so gern habe ich… Eifersucht
Ich wünsche mir… auch wieder eine neue Liebe
Lampenfieber… hab ich noch immer
Geheimnisse habe ich… jedenfalls keine dunklen 😉
Mein Lieblingsessen… Erdäpfelpüree
Ich mag… verlässliche Menschen
Mein Lieblingsschimpfwort… Oida!
Geld ist… leider auch wichtig
In Linz… war ich eigentlich noch nie ganz privat
An Oberösterreich mag ich… im Prinzip alles, das Land, die Leute, die Seen, das Essen
SMS, Whatsapp oder Telefon … alles schrecklich, aber wir brauchen das halt alle irgendwie
An der Bar bestelle ich… keine Alkoholika mehr
Einen Kaffee würde ich gerne trinken mit… Donald Trump, um zu fragen, ob er eh weiß, was er tut
Freunde sagen über mich… dass ich bedingungslos treu bin
Das war mein schönster Urlaub… stets meine Aufenthalte auf Mykonos
Zum 70er in 2 Jahren… machen wir das Interview noch einmal 😉
Meine letzten Worte sollen sein … verschenkts mei Gwand, i fahr in Himmel 😉
Fotos: © Maringer