Gottfried: Sir wie Service
Als Kellner vom alten Schlag erfindet sich Gottfried Gaisbauer ständig neu.
Keiner kennt die Gäste des Café am Schillerpark besser als er. Nach 40 Dienstjahren legt Gottfried Gaisbauer seine Kellnerbrieftasche bald ab um die Welt zu bereisen. Der Herr Ober – ein echter Sir – verabschiedet sich dann in die Pension.
Diesmal brauche ich im Kaffeehaus nicht auf meinen Interviewpartner zu warten. Denn Gottfried Gaisbauer arbeitet im Café des Hotels Schillerpark, ist nach 40 Dienstjahren quasi schon Teil des Inventars. Gottfried feiert zudem demnächst seinen 60er und ist bei den Gästen als der Inbegriff eines Kellners längst zu einer überaus geschätzten Institution geworden.
Du wurdest ja am 8. Mai 1962 in Schlierbach geboren. Dann warst du an den Gymnasien in Kremsmünster und Kirchdorf; schließlich begann deine gastronomische Laufbahn als Lehrling im Berghotel Hinterstoder sowie deine Reiselust. Was war denn der Grund für diesen Lebensweg?
Meine Vorstellung war immer die von einer Welt ohne Grenzen. Ich habe anfänglich als Kind die Urlaube mit meinen Eltern im Ausland genossen und mich auch über die Möglichkeit von Sprachferien gefreut. Dadurch, dass während meiner Lehre das Berghotel saisonal bedingt geschlossen hatte, eröffnete sich mir dann eben auch die Chance mit Interrail durch ganz Europa zu fahren. Das war damals für junge Menschen die preiswerteste Möglichkeit, etwas zu sehen.
Du hast später noch viele Reisen gemacht, die dich auf alle Kontinente geführt haben. Ich frage dich als Weltbürger, wie siehst du die Welt heute?
Ja, es ist momentan ein trauriger Zustand, aber es gibt auch die Hoffnung, dass die Menschen wieder zusammenkommen. Vielleicht bin ich da etwas blauäugig, aber die Welt an sich ist schön. Ich liebe sie und ihre Menschen.
Gleich nach der Lehre warst du Steward auf dem TV-Traumschiff. Wie ging es dir da?
In jungen Jahren hatte ich das Glück, auf der MS Berlin anzuheuern und verbrachte dort insgesamt sechs Monate. Das war schon eine harte Zeit. Man hat sieben Tage die Woche und 12 Stunden täglich gearbeitet. Ich war dann etwa für 20 bis 25 Passagiere zuständig. Und wenn dann – was selbst am „Traumschiff” einmal passieren kann – in der Bar der DJ ausgefallen ist, dann bin ich dort auch noch helfend eingesprungen. Es war eine aufregende und schöne Zeit, die ich auch nicht missen möchte… aber sie war eben schon sehr anstrengend und bei Gott nicht so entspannend wie für die TV-Passagiere (lacht).
Waren das dann auch noch so Nase-hoch-Passagiere?
Nein, aber natürlich war das früher noch anders. Denn so eine Kreuzfahrt war damals wirklich etwas Besonderes. Das hat sich ein Normalsterblicher schwer oder nur einmal im Leben leisten können. Heute gibt es ja günstige Angebote, aber damals war das halt tatsächlich noch sehr exklusiv.
Bevor du aber dann im Schillerpark angeheuert hast, warst du noch beim Bundesheer und auch in einer Disco tätig.
Genau, in Kirchdorf hat damals das Gasthaus Straubinger die Disco „Madness“ eröffnet. Ein angesagter Schuppen. Dort habe ich mich auch noch einige Monate ausgepowert 😉
Dann begann Deine Karriere im Hotel Schillerpark, das damals schon DAS Top-Hotel in der Linzer City war…
Ja, das war für mich ein großer Sprung, und hier wurde ich auch richtig exklusiv in punkto Gästeservice ausgebildet. Es gab zudem eine fachliche Schulung, die sogar mehrere Wochen dauerte. Aber das ist eben der Anspruch des ersten Hauses am Platz, hier mitten in der City. Und im Sinne der Gäste wurde dieser hohe Anspruch auch bis heute bewahrt.
Und seither schlug dein Berufsherz stets am Schillerpark?
Ja, im Dezember beging ich mein 40-jähriges Jubiläum, und bin schon stolz darauf, dass ich hier Kellner und zwischendurch etwa auch Barchef sein durfte. Und selbst als ich 2015 für die Casinos Austria das „Cuisino” ein Jahr lang gemanagt habe, blieb ich dem Schillerpark-Standort ja treu. Schon 2016 bin ich dann aber wieder zum Hotelbetrieb zurückgekehrt und geblieben.
Was denkst du, haben deine Gäste an dir immer am meisten geschätzt?
Ich glaube meine Höflichkeit, die Manieren, wohl auch die Weltoffenheit und sicher auch meine Sprachkenntnisse: neben englisch spreche ich auch italienisch, spanisch und französisch.
Du hast hier im Hotelbetrieb auch viel Prominenz kennengelernt. Etwa Thomas Gottschalk, Michael Jackson, Peter Ustinov, Joe Cocker, Tina Turner und Heinz Rühmann. Waren die recht kompliziert?
Nein, ganz im Gegenteil. Die waren meist sehr bescheiden. Wir selbst aber haben immer versucht, diese VIP-Gäste möglichst diskret bei uns unterzubringen, um sie vor dem Trubel und vor Autogrammjägern zumindest etwas abzuschirmen. So haben wir einst Sir Peter Ustinov über den Hintereingang und den Personallift durchs Haus geleitet. Er schätzte das sehr, stellte aber keine besonderen Ansprüche.
Welche Erfahrung hast du mit solchen Gästen noch gemacht?
Wirklich nur gute. Sie waren meist sehr nett und höflich – und einfach auch dankbar für etwas Ruhe und Diskretion. Zudem habe ich festgestellt, dass die wirklich prominenten Gäste allgemein sehr normal und umgänglich waren. Weltstars eben! „Stars” mit C-Promi-Status waren hingegen manchmal schon ein bisschen komplizierter (lacht).
Und nun zu deiner Liebe zum Reisen. Was war bei dir der Grund für diese Fernsucht?
Ich wollte schon immer meinen Horizont erweitern, neue Menschen und „Welten” kennenlernen. Natürlich ist es auch hier sehr schön, wenn ich etwa am Almsee unterwegs bin oder sonst irgendwo ein schönes Stück Oberösterreich erkunde. Aber es zieht mich eben auch immer wieder in die Ferne. Deshalb möchte ich auch künftig noch viele schöne Ecken dieser Welt bereisen und dabei auch möglichst viele interessante Menschen treffen.
Du bist doch ein sehr kommunikativer Mensch, reist aber nicht selten alleine. Warum und wie hälst du das aus?
Ich schätze das Beziehungsleben schon. Aber allein zu reisen bedeutet doch mehr Unabhängigkeit, mehr Freiheiten… selbst wenn man noch so sehr verliebt ist. Mit Partnern eine Reise zu machen, ja, das bedeutet immer auch Kompromisse eingehen zu müssen. Allein hingegen kann ich mich einfach treiben lassen, ein Programm ganz nach meinen Vorstellungen planen – ohne auf andere besondere Rücksicht nehmen zu müssen.
Und welche Hobbies hat der Gottfried Gaisbauer noch?
Reisen ist ja mein Hobby. So unternehme ich gerne ausgedehnte Strandwanderungen. Das entspannt mich richtig. Ab und zu bin ich aber auch ein Adrenalin-Junkie, tauche gerne oder springe mit einem Fallschirm aus einem Flieger. Und auch Achterbahnfahrten haben es mir angetan. Bei einer USA-Reise habe ich Rockkonzerte und Freizeitparks besucht. Ein Highlight ist die Achterbahn in Cedar Point in Ohio, aber auch die Toro Rosso in Abu Dhabi ist sensationell.
In nächster Zeit beginnt ja dein Ruhestand. Gibt es da schon Pläne?
Ich bin glücklich, dass mir Altersteilzeit gewährt wurde. So kann ich mir auch den Wunsch erfüllen, die Welt noch einmal richtig zu erkunden – und dieses Mal so, dass ich gleich ein ganzes Jahr unterwegs bin und an den schönsten Plätzen länger bleiben kann.
Du hast auch schon als Autor gearbeitet…
Ja, denn ich möchte nicht nur weit reisen, sondern auch weit in die Welt hineinsehen und hören, meine Erfahrungen wiedergeben. So habe ich mich etwa in den 80er-Jahren mit Satelliten- und Radioprogrammen über große Reichweiten hinweg beschäftigt, da und dort auch Gastbeiträge für Fachzeitschriften geschrieben.
Hast du in deinem bewegten Leben auch Blödheiten gemacht?
Aber natürlich, wie jeder andere auch (lacht). Eine davon habe ich meiner Blauäugigkeit zu verdanken… als ich eine Weltreise mit einem Budget von 1.000 Euro gemacht habe und überall sparen wollte. Da bin ich in Indien einer dubiosen Touristenorganisation in die Hände gefallen, die mich dann gleich für einige Tage einkassiert und an Orte gebracht hat, zu denen ich gar nicht wollte. Ansonsten mache ich auch heute noch jeden Tag eine Blödheit, weil ich mir zum Beispiel das Rauchen leider immer noch nicht abgewöhnt habe.
Wofür bist du im Job dankbar?
Dass ich rund 40 Jahre im gleichen Betrieb arbeiten konnte, es aber trotzdem immer sehr abwechslungsreich war. Viele Kollegen haben sich beruflich öfter verändert. Ich aber habe hier meinen Anker gefunden.
Gab es nicht auch mal schlechte Tage und lästige Gäste?
Schlechte Tage kennt jeder – auch ich (lacht). Aber lästige Gäste? Nein, die gibt es zumindest für mich nicht! Denn auch Gäste können einfach nur grad einen schlechten Tag haben. Trotzdem sollen sie sich bei mir hier im Café wohlfühlen. Und ich denke, dass ich das meist auch ganz gut bewerkstelligt habe (augenzwinkernd).
Was gibst du uns jetzt zum Abschluss mit auf die Reise?
Es ist wichtig, immer offen für diese Welt zu sein und seinen Horizont zu erweitern. Egal, wie alt man ist, man lernt wirklich nie aus.
Gottfried Gaisbauer
im WordRap
Geboren: 8.5.1962 in Schlierbach
Sternzeichen: Stier
Arbeitsort: Linz–Schillerpark
Ein guter Tag… beginnt mit einem guten Frühstück
Kaffee… bitte mit Milch
Torte… für mich nur einmal die Woche
Ein wunderbares Gästeerlebnis… immer, wenn man ein freundliches Lächeln zurückbekommt und der Gast zufrieden ist
Trinkgeld ist… Teil meines Einkommens und Anerkennung
Eine Stärke… Ausdauer und langfristig zu denken
Eine Schwäche… sehr sensibel, manchmal zu blauäugig
Menschen im Hotel… eine Berufsgruppe, die viel leistet
Diesen Wunsch möchte ich mir noch erfüllen… einmal um die Welt reisen
Mein schönstes Erlebnis… die Geburt meines Sohns
Das würde ich nie machen… stehlen und lügen, Schlimmeres sowieso nicht
Mein Lebensmotto… offen durch die Welt gehen
Fliegen oder mit dem Schiff cruisen… mit dem Flugzeug zu einer Kreuzfahrt jetten
An der Hotel-Rezeption schreibe ich im Berufsfeld… Gastronomie-Fachmann
Urlaubsbekanntschaft… die schönste Erfahrung, die man machen kann, nur wenn man natürlich alleine reist 😉
Fotos: © T.Duschlbauer