Rückkehr des Musikpoeten
JULIAN LE PLAY über die Corona-Krise, Casting-Shows & Sigmund Freud.
Längere Zeit war es ziemlich still um Schmusesänger Julian Le Play – jetzt ist er mit einem neuen Album wieder zurück. Gefühlvoll wie immer, aber facettenreicher denn je. CITY!-Redakteurin Hilde Weber traf den sympathischen Künstler zum exklusiven Talk.
CITY!: Eigentlich hätte Ihre Tour 2020 im April im Linzer Posthof beginnen sollen. Und dann kam Corona… Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?
Le Play: Anfangs war ich natürlich in einer ziemlichen Schockstarre, als ein Konzert nach dem anderen abgesagt wurde. Aber ich verstehe die Maßnahmen und finde sie wichtig. Ich habe dann von Zuhause aus begonnen, eine eigene TV-Show für meinen Instagram Kanal zu hosten. Hier lade ich regelmäßig andere Musiker wie Ina Regen, Conchita, Pizzera & Jaus oder Christina Stürmer ein. Mittlerweile läuft sie auch jeden Sonntag um 20.05 Uhr auf SAT1. Das hätte ich mir vor Corona auch nie gedacht.
Ihr Konzert im Linzer Posthof findet nun am 4. September 2020 statt. Worauf darf sich das Publikum freuen?
Auf ganz viele Songs aus meinem neuen Album „Tandem“ – und ich finde, es sind unglaublich coole Songs dabei, die live mit sehr viel Power rüberkommen werden. Ich stehe ja auch erstmals mit einer größeren Band und Back-
groundsängern auf der Bühne. Und ich freue mich auf Linz, denn die Linzer sind einfach ein großartiges und dankbares Publikum.
Wie kam es zum Titel „Tandem“?
Ich habe meine früheren Alben alleine geschrieben, getextet und komponiert – und das hat an sich auch gut funktioniert. Bis ich vor ca. 3 Jahren gemerkt habe, dass es für das neue Album alleine nicht mehr so gut klappt wie früher und mir auch nicht mehr so viel Spaß macht. Und dann hab ich einfach verschiedene Musiker und Freunde kontaktiert und gefragt, ob sie nicht mit mir gemeinsam etwas Neues – und zwar von null weg – schaffen möchten. Die Reaktionen waren fast immer: „Ja passt, das probieren wir aus“. In einer Tiroler Berghütte sind dann in einer sehr intensiven, gemeinsamen Arbeit diese tollen Songs entstanden. Der Album-Titel „Tandem“ steht für das gemeinsame Erleben und Entstehen, er passt aber auch zu den Geschichten, die ich auf diesem Album erzähle.
Was ist das Besondere an „Tandem“?
Meine früheren Alben waren textlich sehr oft entweder in die Zukunft („Ich träume davon, einmal…“) oder in die Vergangenheit („Ich denke zurück an…“) gerichtet. Im neuen Album bin ich im Jetzt – die Geschichten, die ich in meinen Songs erzähle, passieren jetzt, genau in diesem Moment.
Nun gab es ja eine längere Zeit, in der man recht wenig von Ihnen gehört hat. Was war der Grund für diese Schaffenspause, was ist passiert?
Das Leben ist passiert. Nach dem dritten Album bin ich in eine künstlerische Krise geschlittert. Mich haben Fragen beschäftigt wie: Mir fällt nichts mehr ein – kann ich es überhaupt noch? Habe ich vielleicht schon alles gesagt? Wars das jetzt mit der Musik? Es war eine sehr schwierige Zeit, in der ich mich dann aber ganz bewusst für eine Pause entschieden habe. Ich war viel auf Reisen, nach Sri Lanka und Bali, konnte neue Eindrücke sammeln und den Kopf wieder frei kriegen für Neues. Und dann entstand eben die Idee, mit anderen Musikern gemeinsame Sache zu machen und ich bekam unglaublich viele Inputs. Das Ergebnis heißt „Tandem“.
Sie singen in deutscher Sprache – gibt’s Intentionen, mal was in Englisch zu machen?
Ich hatte sie – ich war ja mit 16 fast ein Jahr in Australien und bin dort zur Schule gegangen. Damals habe ich begonnen, Lieder zu schreiben – und das natürlich in englischer Sprache, weil mich die Menschen auch anders nicht verstanden haben. Hier versteht man mich in Deutsch, und das wahrscheinlich fünfmal besser.
Dabei wäre Ihr Künstlername Le Play doch ideal für eine internationale Karriere. Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen?
Ich habe nach der Matura ein Semester Politikwissenschaften studiert, hab mich damals aber schon intensiv der Musik gewidmet und war auf der Suche nach einem Künstlernamen. Als wir dann über den französischen Sozialtheoretiker Frederic Le Play lernten, fand ich dessen Namen cool und zu mir passend. Nach dieser Vorlesung war mir übrigens klar, dass ich die Musik zum Beruf machen möchte. Ich bin danach nie mehr auf die Uni gegangen.
Begonnen haben Sie Ihre Gesangskarriere aber viel früher, haben beim „Kiddy Con-
test“ und „Helden von morgen“ mitgemacht. Was halten Sie von Casting-Shows?
Prinzipiell finde ich, dass Casting-Shows durchaus zu einem Karrierestart verhelfen können – dann, wenn man künstlerisch schon so weit ist. Es ist ein Unterschied, ob man eine gute Stimme hat und Robbie Williams covered, was für eine Casting-Show wichtig ist. Oder ob man Künstler sein möchte mit eigenen Texten, mit eigenen Botschaften, mit einer eigenen visuellen Welt und die Menschen deswegen in ein Konzert gehen. Nur weil jemand gut Robbie Williams nachsingt, geht wohl keiner in ein Konzert. Wichtig ist also, nach einer Casting-Show den eigenen Weg zu finden und ihn konsequent weiter zu gehen. Insofern bietet eine Casting-Show eine gute Chance – sie ist ja auch kein Dschungelcamp.
Gibt es etwas, das Sie – abseits der Musik – in Ihrem Leben gerne noch machen möchten?
Reisen, ganz viel reisen. Ich bin als Musiker zwar viel unterwegs, aber ich komme im Laufe einer Tour nicht wirklich dazu, ein Land auch zu erkunden und zu entdecken. Manches versuche ich durch meine Musikvideos zu kompensieren, die wir z.B. in Marrakesch oder auf Gran Canaria gedreht haben. Umso mehr wünsche ich mir, dass uns nach den Corona-bedingten Beschränkungen die Welt bald wieder offen steht.
Wäre vielleicht ein Tandemsprung einmal was – passend zu „Tandem“?
Oh, eher nicht. Ich habe sogar einmal einen geschenkt bekommen, aber zurückgegeben. Ich bin sehr kopflastig und habe damals im Kopf die Überlegung angestellt, dass es eine minimale Chance gibt, aus diesem Abenteuer nicht lebend raus zu kommen. Das habe ich aufgewogen gegen die Freude, die mir dieser Sprung bereiten würde – und dann habe ich es gelassen.
Mit wem würden Sie gerne einmal einen Abend verbringen, und warum?
Musikalisch mit Chris Martin, dem Mastermind von Coldplay – mit ihm würde ich auch gerne Musik machen. Oder mit Sigmund Freud – ich würde versuchen, ihm ein paar Geschichten zu entlocken, die ihm Patienten auf seiner Couch erzählt haben. Ich denke, das wäre sehr unterhaltsam.
Was macht Sie glücklich?
Alles, wo ich meinen Kopf einmal so richtig abschalten kann. Das ist für mich eben hauptsächlich Musik und deswegen mach ich auch so viel davon. Jeder von uns hat so eine Tätigkeit, bei der man so ziemlich alles rundherum vergisst. Und genau das sollten wir alle in Wahrheit eigentlich viel öfter tun.
PERSONALAKTE
Julian Le Play
Bürgerlicher Name: Julian Heidrich
Geboren: 27.6.1991, Wien
Sternzeichen: Krebs
Hobbies: tanzen, singen, Basketball
Liebesstatus: glücklichen Beziehung lebend
Infos: www.julianleplay.com
Fotos: © Josef Schartner, Danny Jungslund