• SEIT 5 JAHREN LH. Thomas Stelzer regiert das Land ob der Enns auch in Krisenzeiten unaufgeregt und mit Zuversicht. „Jammern ist meine Sache nicht. Und Denkverbote lösen keine Probleme”.

LH Thomas Stelzer über Teuerungen, Lohnverhandlungen & steigende Asylzahlen.

Dieses Jahr hat es in sich. Es scheint an allen Ecken und Enden zu brennen – nicht nur in den Wäldern der Ferienregionen dieser Welt. OÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer (55) lässt im CITY!-Interview aber keinen Zweifel daran, dass er fest an ein Happy End für Land und Leute glaubt.

Der Sommer neigt sich seinem Ende zu. Konnten Sie auch etwas ausspannen?
So eine Auszeit ist ja dazu da um auszuspannen und Energie zu tanken. Das ist mir auch gelungen. Mit meiner Familie war ich einige Tage in Tirol wandern und eine Woche auf Kreta.
Wie stellt man sich das beim LH vor? Länger schlafen, ein gutes Buch lesen und das Handy in Alarmbereitschaft?
Ja, so kann man sich das ungefähr vorstellen (lacht). Aber nicht nur, wenn es Handy-Alarm gab, sondern auch so habe ich immer wieder auf das Mobiltelefon geschaut. Gehört zum Job dazu…
Kann man so abschalten und wirklich Energie tanken?
Es gibt schon neue Kraft und Energie, wenn man den üblichen Tagesrhythmus hinter sich lassen kann. Total abzuschalten, das kann ich mir aber ehrlich gesagt nicht vorstellen.
Apropos Energie. Die Preise sind exorbitant gestiegen. Was das für jeden Einzelnen bedeutet, ist bekannt. Wie sehr wird das Oberösterreich aber als Industrieland und Job-Kaiser im Winter treffen? Stehen Jobs auf dem Spiel?
Energie ist aktuell natürlich ein Riesen-Thema. Beim Strom gibt es beim Landesversorger der Energie AG für Privatkunden immerhin eine Preisgarantie bis Ende des Jahres. Und das Land Oberösterreich hat zudem auch den Heizkostenzuschuss erhöht. Dennoch ist die Lage angespannt, denn es gibt bei uns als Industriebundesland natürlich auch mehr Energiebedarf bei den Firmen. Hier hat der Bund für die Betriebe eine Strompreiskompensation verwirklicht. Die Beratungen rund um eine Strompreisdeckelung sind meines Erachtens nach ebenfalls zu begrüßen. Der Bund tut also schon einiges, um die Belastungen abzufangen. Dennoch müssen wir weiterhin sehr wachsam sein. Und wenn nötig, braucht es  noch weitere Maßnahmen.
Werden ab November Landhaus-Bedienstete mit Pulli und Wollmütze ihren Dienst versehen?
So drastisch wird das nicht. Aber Energiesparen betrifft uns natürlich alle – auch hier im Landhaus. Wir werden diesbezügliche Potenziale in Absprache mit der Personalvertretung auch bestmöglich ausschöpfen. Ein Beispiel wäre etwa, dass wir die Beleuchtungszeiten unserer Gebäude neu überdenken.
Wie werden Sie Zuhause in Wolfern bei Steyr einen Einsparungsbeitrag leisten?
Ich orientiere mich weiterhin an dem, was ich schon in meiner Kindheit gelernt und bislang auch schon gelebt habe. So drehen wir Zuhause etwa das Licht ab, sobald ein Raum nicht mehr genützt wird. Ein anderes Beispiel ist der sorgsame Umgang mit Warmwasser. Hier können kleine Dinge in Summe schon viel bewirken. Aber wie gesagt: das ist nicht neu für mich.
In diesem Zusammenhang werden – nun auch im BP-Wahlkampf – Stimmen immer lauter, die meinen, dass die Russland-Sanktionen bei Präsident Putin nix bewirken, außer viel Leid und Sorgen in Europa. Ist da nicht zumindest auch ein Körnchen Wahrheit dran?
Sonnenklar ist für mich: Wenn ein Staatslenker wie der russische Präsident ein Nachbarland überfällt und einen fürchterlichen Krieg vom Zaun bricht, kann Europa als Wertegemeinschaft nicht einfach wegschauen. Sanktionen sind also notwendig. Klares Ja. Aber solche Maßnahmen sollten immer wieder evaluiert werden, wie zielführend sie tatsächlich sind. Es geht auch darum, zu erfahren, ob wir damit den Frieden wiederherstellen können oder ob unsere Position dadurch nur geschwächt wird bzw. im Umkehrschluss Putin sogar noch stärken. Sanktionen sind für einen künftigen Frieden grundsätzlich wichtig, aber sie sind eben nicht unabdingbar in Stein gemeißelt.
Wie lange wird dieser grausame Krieg und damit auch der „Umfeld-Wahnsinn“ Ihrer Meinung nach noch dauern?
So wie die meisten Landsleute habe auch ich die Hoffnung und den Traum, dass es möglichst bald zu einer friedlichen Lösung dieses Konflikts kommt. Zu befürchten ist aber leider schon,  dass er noch länger andauern könnte. Wir dürfen aber alle zusammen keinesfalls zulassen, dass er zu etwas gewohnt Alltäglichem wird.
Am 9. Oktober findet die Hofburg-Wahl statt. Volksanwalt Rosenkranz und Ex-Krone Kolumnist Wallentin fischen kräftig nach Stimmen im bürgerlichen Lager. Warum hat die ÖVP, immerhin Kanzlerpartei, nicht einen eigenen Kandidaten aufgestellt? Lag es tatsächlich nur an der Person Van der Bellens  oder doch auch an den nicht unerheblichen Wahlkampfkosten?
Der amtierende Bundespräsident hat aus meiner Sicht sein Amt sehr gut geführt. So war es für mich jedenfalls letztlich eine nüchterne Überlegung. Jede Partei kann, muss aber nicht unbedingt jemanden für diese Persönlichkeitswahl aufstellen. Und wir sind als ÖVP zur Einschätzung gelangt, dass wir eben keinen Kandidaten ins Rennen schicken.
Themenwechsel. Gibt es Corona eigentlich noch?
Ja. Corona gibt es und solange kein Mittel gefunden ist, um diese Krankheit auszurotten, wird sie auch bleiben. Es geht nun darum, die Menschen einerseits bestmöglich vor dem Virus zu schützen und andererseits ein normales gesellschaftliches Leben zu bewahren. An dieser Balance-Übung arbeiten wir jeden Tag und sehr intensiv. Dank der Impfung und neuer Medikamente, die vor schweren Verläufen schützen, haben wir trotz vieler Neuinfektionen aber Gott sei Dank aktuell nicht so viele Patienten auf den Intensivstationen. Das macht Hoffnung.
Wie schützen Sie sich?
Ich bin ein klarer Befürworter der Impfung und folge persönlich auch dem, was mir die Ärzte meines Vertrauens empfehlen. Außerdem halte ich mich an Maßnahmen wie der Handhygiene oder trage dort Masken, wo es erforderlich ist.
Viele Landsleute plagen nun auch noch vermehrt Sorgen in Bezug auf die heftig ansteigenden Asylzahlen. Über 30.000 waren es bereits zur Jahresmitte. Effektiven EU-Außengrenzschutz gibt es immer noch nicht. Wo führt das hin? Unser Sozialstaat hat seine Anziehungskraft ja offenbar noch nicht verloren…
Österreich hat neben Zypern in Relation zur Bevölkerungsanzahl schon bislang die meisten Flüchtlinge in der Europäischen Union  aufgenommen. Bei der Verkraftbarkeit gibt es allerdings irgendwann ein Limit. Es ist in der Tat ein Trauerspiel, dass die EU diese Problematik noch immer nicht gelöst hat und es daher ganz offensichtlich nicht zu einer fairen Verteilung der Asylsuchenden  kommt. Es gibt viele Menschen, die gute Gründe haben, ihr Land zu verlassen. Aber – und so ehrlich muss man auch sein – es machen sich schon viele auf den Weg zu uns, die aufgrund ihrer Herkunft kaum eine Chance auf Asyl haben. Das belastet unsere Systeme natürlich sehr.
Im Herbst finden traditionell Lohnverhandlungen statt. Welchen Appell richten Sie an die Lohnverhandler – Stichwort Lohnpreisspirale.
Ich will da als Politiker keine Zurufe von außen abgeben. Wir haben im Land eine sehr starke Wirtschaft und auch eine gute Arbeitsplatzsituation. Diese – trotz aller Umstände – immer noch außergewöhnliche Top-Position muss zum Wohle aller erhalten bleiben. Deshalb sollte die Wirtschaft nicht überlastet, die Arbeitnehmer – die unter den extremen Teuerungen leiden – aber mit einem guten Abschluss auch bestmöglich entlastet werden. Ich vertraue da auf die Sozialpartner, die noch immer einig wurden. Und zum Glück gibt es auch staatliche Interventionen, wie eine erhöhte Familienbeihilfe oder den Ökobonus, die auch Druck aus den Lohnverhandlungen nehmen können.
Werden wir all diese Krisen schaffen und den Wohlstand überhaupt noch halten können oder – wie Deutschlands Wirtschaftsminister Habeck sagt – alle ärmer werden?
Ich bin fest davon überzeugt, dass Österreich und hier vor allem unser Bundesland auch künftig zu den wohlhabendsten Ländern und Regionen der Welt gehören werden. Vielleicht wird es ein anderer Wohlstand sein. Aber meine allgemeine Zuversicht schöpfe ich daraus, dass gerade in schwierigen Zeiten alle Menschen doch immer wieder zusammenstehen und viele bereit sind, auch ein Stück Verantwortung zu übernehmen – übrigens ein Erfolgsgeheimnis von OÖ. Ich vertraue also aus Erfahrung weiter auf die Menschen und die Stärke unseres tollen Landes.

Thomas Stelzer

im WordRap 

In Zeiten wie diesen… müssen wir uns in einigen Bereichen wohl etwas umstellen und neu anpassen
5 Jahre LH Stelzer – mein Jubiläum habe ich… mir ursprünglich wohl anders vorgestellt. Aber mein Job ist sowieso jeden Tag für eine Überraschung gut
12 Stunden Arbeitstage… gibt es angeblich (lacht)
Die schweren Schicksale mancher Landsleute… berühren mich nach wie vor sehr – und man kann nie genug tun, um besonders grausame Schicksalsschläge abzufedern
Ohne meine Mitarbeiter… könnte ich wenig bewirkenTäglich grüßt… die Sonne & täglich grüße ich viele Leute
Die Hitze… hat es immer schon gegeben, sie macht uns natürlich sehr zu schaffen – erinnert uns aber auch daran, dass wir selbst in Krisenzeiten die Klimaziele keinesfalls aus den Augen verlieren dürfen Wenn ich nachts nicht schlafen kann… versuche ich krampfhaft einzuschlafen
Davon träume ich manchmal… von Arbeitstagen mit weniger als 12 Stunden 😉
Diesen Traum möchte ich mir noch erfüllen… möglichst viele schöne Plätze dieser Erde noch sehen und erkunden

Fotos: © Land OÖ. – Peter Mayr

2023-09-19T15:37:52+02:00