Sehr wach im KOPF

NADJA MALEH über Missgeschicke, Inspirationen und Glücksmomente

Gutes Kabarett zu machen ist eine hohe Kunst. Eine, die dieses Metier perfekt beherrscht, ist Nadja Maleh. City!-Redakteurin Hilde Weber  traf die sympathische Künstlerin zum exklusiven City!-Talk.

CITY!: Sie gastieren am 1. August mit Ihrem Programm „Hoppala“ im Rosengarten am Pöstlingberg. Worauf darf sich denn das Publikum freuen?

Maleh: Auf erfundene und echte Hoppalas. Ich sehe es so, dass die Geschichte der Menschheit ja eine Geschichte voller Hoppalas ist. Das begann schon, als Gott den Menschen erschuf und dieser – Hoppala – gleich Gott sein wollte, ohne zu bedenken, was das bedeutet. Den ganzen Tag angejammert zu werden, nie Urlaub zu haben und 365 Tage im Jahr rund um die Uhr erreichbar zu sein – und das auch noch unbezahlt. Die ganze Evolutionsgeschichte ist also von Anfang an voller Hoppalas, die eines gemeinsam haben: sie sind menschlich. Von großen und kleinen, erfundenen und wahren Missgeschicken erzähle ich in meinem Programm.

Anfällig für Hoppalas?

Nein! Ich bin die einzige Person auf der Welt, die perfekt ist.

Echt?

Spaß beiseite. Natürlich ist auch mir schon das eine oder andere Missgeschick passiert. Niemand will Fehler machen, aber sie passieren einfach – manchmal sind sie fatal, groß oder klein, manchmal wichtig oder unwichtig. Aber ohne Hoppalas geht gar nichts.

Ist Ihnen ein Bühnenhoppala in Erinnerung?

In meiner allerersten Produktion, damals im Alter von 21, bin ich auf der Bühne ausgerutscht und hingefallen. Das war wirklich schrecklich für mich. Insgeheim hab ich noch gehofft, dass die Leute glauben, es gehört dazu, aber es war leider nicht zu übersehen, dass mir ein Missgeschick passiert ist. Ich hatte in dem Moment nur einen Gedanken: „Aliens, wenn es euch wirklich gibt, holt mich bitte jetzt!“.

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Programme?

Aus dem täglichen Leben. Ich suche mir ein Thema, das mich berührt und beschäftigt und recherchiere dazu – in Zeitungen, in Gesprächen mit vielen Menschen, in alltäglichen Situationen wie beim U-Bahn-Fahren – und ich beobachte sehr genau. Oft kommt mir spontan eine Idee dazu und all das notiere ich gleich in einem kleinen Notizbuch, das ich immer mit mir herumtrage.

Worüber können Sie selbst lachen?

Über mich. Letztens hab ich ein Haushaltsgerät, das ich nach dem Geschirrspülen schon 100mal zusammengebaut habe, nicht mehr zusammenbauen können. Ich wusste einfach nicht mehr, welches Teil nun wohin gehört. Da hab ich über meine eigene Blödheit lauthals gelacht. Solche Dinge passieren mir und ich lach wirklich viel über mich.

Kennen Sie Lampenfieber?

Ein bisserl Adrenalin muss schon generell im Blut sein, um die nötige Grundspannung zu haben und wach im Kopf zu sein. Lampenfieber habe ich bei Premieren oder großen Galas oder wenn jemand im Publikum sitzt, der – aus welchen Gründen auch immer – sehr wichtig ist.

Sie sind sehr vielseitig – Kabarettistin, Sängerin, Schauspielerin. Was braucht es da alles zum Erfolg?

Leidenschaft und Interesse für die Sache, Talent, Disziplin und Durchhaltevermögen und einen unerschütterlichen Glauben an sich selbst, denn in unserem Beruf hat man auch oft mit Rückschlägen zu kämpfen, muss aufstehen und wieder weiter machen. Und natürlich auch das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Menschen zu begegnen. Auch Mut gehört dazu, denn mit jeder Premiere geht man ein Risiko ein und es braucht Mut, sich so offen zu zeigen. Unterm Strich basiert Erfolg auf einer Mischung all dieser Komponenten.

Andere Berufswünsche?

Nein, wirklich niemals. Seit ich sprechen und gehen, denken und fühlen kann, wollte ich Schauspielerin werden. Meine Eltern haben das  akzeptiert und mich sehr unterstützt – wohl auch, weil sie erkannt haben, dass alles andere mir gegenüber so etwas wie Gewaltanwendung gewesen wäre. Sie haben mir meine Freiheit gelassen und darüber bin ich auch wirklich froh.

Ihr Vater stammt ja aus Syrien. Haben Sie noch Verbindungen in dieses so vom Krieg gebeutelte Land?

Ich habe vor allem emotional eine sehr starke Verbindung dorthin, weil väterlicherseits meine Wurzeln dort liegen und daher ein Teil von mir eine syrische Identität hat. Ich habe auch noch Verwandte in Syrien. Es ist erschreckend und schockierend, was dort passiert und es macht mich unendlich traurig. Ich hoffe und wünsche mir sehr, dass am Verhandlungstisch eine Lösung für diesen Konflikt gefunden wird und das Leiden, Sterben und Flüchten ein Ende hat. Syrien war eine kulturelle Wiege der Menschheit und kein Land der Welt verdient es, so zerstört zu werden.

Mit wem würden Sie gerne einen Abend verbringen?

Wenn das möglich wäre, dann mit meinem früheren Ich – so wie ich war mit 20. Ich würde mir gerne zuhören und mir Verständnis und Hoffnung schenken und Visionen für die Zukunft geben. Ich war in meinem Leben ein paar Mal an einem Punkt, wo ich alles aufgeben wollte. Rückblickend würde ich meinem 20jährigen Ich sagen: „Kopf hoch, mach weiter, es lohnt sich, das wird noch ganz super!“.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Dass alles so weiter wächst wie bisher, dass ich mich künstlerisch weiterentwickle, dass alles, was schön und gut ist, noch schöner und besser wird. Ja, das wünsch ich mir.

Was macht Sie glücklich?

Ich hab ganz viele glückliche Momente in meinem Leben – das kann eine nette Begegnung ebenso sein wie ein Geschenk, das ich bekomme. Oder wenn ich den Wind auf meiner Haut spüre und mich lebendig fühle, wenn ich im Fitnessstudio ins Schwitzen komme, meinen Körper spüre und mich danach im Dampfbad entspanne. Glück ist auch alles, was mit Freiheit zu tun hat – Bewegungsfreiheit, Entscheidungsfreiheit, Meinungsfreiheit.

PERSONALAKTE

Nadja Maleh
Geboren: 9. Juni 1972
Sternzeichen: Zwilling

Fotos: © Redaktion Jeff Mangione, Markus van der Man

2019-06-03T22:56:41+02:00