Atemberaubendes auf dem Damberg
Die legendenumwobene Laurenzi-Kapelle und die Warte sind Besuchermagneten
Der Teufel hat angeblich bei der Entstehung der Laurenzikapelle auf dem Damberg bei Steyr seine schmutzigen Finger im Spiel gehabt. Dort hätte es am 20. Dezember 2012 zu einem „phänomenalen Ereignis“ kommen sollen. Apokalypse-Freaks erwarteten bei dem Mini-Gotteshaus oberhalb von St. Ulrich ein Zeichen des bevorstehenden Weltuntergangs.
Auch ohne Mitwirkung des Teufels erleben wir von der Damberg-Warte aus Spektakuläres. Hier lässt ein großartiger Panorama-Blick unseren Atem beinahe stocken. Nebelschwaden driften still zwischen den scheinbar endlosen langgestreckten Bergketten des Nationalparks Kalkalpen. So muss die Welt am Beginn aller Zeiten ausgesehen haben. Wären da nicht die fliegenden Ameisen, die sich manchmal in unseren Haaren verfangen, würden wir hier gerne länger verweilen.
Luzifer als Waidmann. Die 36 Meter hohe Holzkonstruktion entstand 1972 und ersetzte einen früheren Turm aus dem Jahr 1869. Wir verlassen die Warte und machen uns auf den Weg zur Laurenzi-Kapelle, die 100 Meter tiefer liegt, auf einer Höhe von 706 Metern. Der Sage nach hat die Gebetsstätte ein Messerschmied gestiftet. Der leidenschaftliche Wilderer begegnete eines Nachts, als er unterwegs war, einem unheimlichen Jäger mit einer langen roten Feder am Hut. Er erkannte ihn sofort als den Teufel und versuchte zu fliehen, konnte aber den Weg aus dem finsteren Dickicht nicht mehr finden. So gelobte er, eine Kapelle dort zu errichten, wo er dem Wald und damit dem Beelzebub entrinnen konnte. Eine weitere Legende berichtet von einem todkranken Mann, der im Ort Christkindl wohnte. Von seinem Bett aus erspähte er allnächtlich auf dem Damberg ein flimmerndes Licht, das seine Seele besänftigte. So versprach er, dort eine Kapelle bauen zu lassen, falls er genesen sollte.
Noch mehr „alternative Fakten“. Eine dritte Geschichte erzählt von einem Steyrer, der auf dem Damberg mit seinem Hund unterwegs war. Als er die Kapelle, die damals aus Holz bestand, betrat, band er das Tier an die offenstehende Tür. Plötzlich brach ein wütendes Wildschwein aus dem Wald hervor und raste auf ihn zu. Daraufhin flüchtete der Vierbeiner ins Gotteshaus und zog mit seiner Leine die Tür zu. So waren der furchtsame Hund und sein Herrl gerettet. Der historisch belegte Bericht liest sich viel nüchterner. Der dort angeführte Gründer war ein gewisser Herr Willner, ein Hammerschmied aus Steyrhof. Er ersetzte 1864 das damals baufällig gewordene Gebetshaus mit der jetzigen gemauerten Kapelle. Später krönte es die Gemeinde St. Ulrich mit einem Turm.
Ein einfaches Kirchlein. Heute wirkt das Gebetshaus sehr schlicht. Wanderer machen hier gerne Rast auf der Aussichtsterrasse vor seinem normalerweise versperrten Eingang. Sie beobachten das davor friedlich weidende Fleckvieh, das nicht den lieben Gott, sondern nur Gras im Sinn zu haben scheint. Diese Rasse ist sehr beliebt, weil Bauern die Tiere je nach Züchtung entweder als Fleisch- oder als Milchlieferanten einsetzen können. In der Ferne erstreckt sich ein landschaftlicher Fleckerlteppich: Waldstreifen trennen die Wiesen von den Feldern des flachen Alpenvorlandes. Wir können von hier aus auch Garsten mit seinem ehemaligen Beneditkiner-Stift ausmachen, das heute als Justizanstalt dient. Der Weg zum Gasthaus Schoiber mit seinem lauschigen Gastgarten, der uns 70 Höhenmeter hinabführt, ist mit erbaulichen Bibelsprüchen gesäumt. Nur bei bestimmten Anlässen – zum Beispiel zu Silvester und für das Laurenzifest mit der Prozession und dem Festgottesdienst im August – findet die Kapelle für sakrale Funktionen Verwendung. Dort werden auch Trauungen vollzogen.
Fotos: Sokoloff, Bernhard Plank