• Ich kann den Menschen Trost schenken und etwas Positives bewirken. Das ist eine Rolle, die ich sehr gerne ausfülle. Christkindl Laura

Eine schöne Bescherung 

Laura Müller ist ein Steyrer Christkindl – und das auch mehr als verdient.

Das City! Magazin bringt in diesem Jahr eine besondere Überraschung und schickt das Steyrer Christkindl mit dieser Geschichte zu Ihnen, liebe Leser, nach Hause.

Laura, die das Christkindl bereits zum vierten Mal verkörpert, plaudert hier bei mir aus dem Nähkästchen.

Walter Witzany: Du bist ja nicht zum ersten Mal das Christkind. Wie bist Du dazu gekommen?

Christkind: Alle Jahre wieder gibt es ein Casting. Man muss mindestens 16 Jahre alt, 1,65 Meter groß sein und blonde Locken haben – entweder natürlich oder dann mit einer Perücke. Am Ende wird entschieden, wem die Rolle am besten passt und wer am überzeugendsten im aufwändig gestalteten Christkindl-Kleid aussieht (zwinkert).

Ja, was ist das genau, was Du als Christkind trägst?

Ich habe als Christkind immer dasselbe an, wobei die Kleidung  aus dem Häubchen, der Bluse, dem Spencer, Reifunterröcken und dem weitschwingenden und reichbestickten Überrock besteht. Mit dem Umhang wiegt das Kostüm dann etwa 11 Kilo.

Jetzt bin ich schwer beeindruckt. Wann beginnt für Dich eigentlich die Adventzeit? 

Offiziell am 22. November. Dann bin ich immer freitags, samstags und sonntags in Steyr unterwegs. Wir machen eine Runde durch die Stadt, die etwa drei Stunden dauert – bei jedem Wetter.

Was macht Dir dabei am meisten Freude?

Die berührenden Begegnungen mit den Kindern, aber auch mit den Erwachsenen. Es ist schön, die Menschen aus ihrem Alltag zu holen und ein Lächeln auf ihre Gesichter zu zaubern.

Gibt es für Dich auch besondere Auftritte, die Du absolvierst?

Ja, sicher. Etwa solche, wie dieses Interview. Im letzten Jahr war ich zum Beispiel aber auch im Fernsehen bei Café Puls und Guten Morgen Österreich. Am 29. November eröffnen wir dann das Postamt, wo Kinder ihre Wunschzettel ans Christkind schreiben können. Diese bekommen auch vom Christkind eine persönliche Antwort.

Gab es für Dich als Christkind auch ein besonders berührendes Erlebnis, das Du mit Kindern hattest?

An eines kann ich mich noch gut erinnern. Das war in Plauen, das ist seit 1970 eine Partnerstadt von Steyr. Ich wurde dorthin zum Adventmarkt eingeladen. Ein Kind hat mich angesprochen und gefragt, ob ich denn die Oma wieder zurückbringen könnte. Das hat mich sehr bewegt, weil ich diesen Herzenswunsch natürlich nicht erfüllen konnte. Ich habe dem Kind aber gesagt, dass immer dann, wenn es an seine Oma denkt, diese auch zumindest in Gedanken verbunden ist. Und ich habe versprochen, dass ich der verstorbenen Großmutter bei einem Zusammentreffen einen schönen Gruß ausrichten werde.

Ich sehe, Du hast sehr viele Verpflichtungen. Wie umfangreich ist so eine Adventwoche für ein Steyrer Christkind?

Ich schätze, dass ich etwa 30 Stunden dafür arbeite.

Machst Du das aus Freude oder wegen des Honorars?

Ich muss zugeben, ich wusste am Anfang gar nicht, dass man dafür bezahlt wird. Ich mache es aus Freude, weil es ein Brückenschlag zu einer unbeschwerten Kindheit ist. Ich selbst habe immer einen Wunschzettel geschrieben und meine Oma hat ihn ans Christkind weitergeleitet. Wir haben gemeinsam viele Weihnachtsvorbereitungen getroffen und etwa Kekserl gebacken. Das war eine magische Zeit. Auf dem Fensterbrett ist auch immer eine goldene Locke gelegen – so begann mein Interesse am Christkind.

Ist sonst noch jemand aus deiner Familie in den Adventbetrieb eingebunden? 

Nein, ich bin die Erste. Aber meine Halbschwester ist elf Jahre alt und zeigt schon großes Interesse (lacht).

Wie siehst Du für Dich persönlich die Rolle des Christkinds – noch dazu in einer Zeit, in der die Menschen ja mit vielen Krisen konfrontiert sind?

Ich finde es besonders schön, als Christkind den Menschen eine Auszeit vom Alltag zu schenken. Gerade in der stressigen Vorweihnachtszeit sind die strahlenden Gesichter am Adventmarkt ein großes Geschenk. Und dann gibt es ja nicht nur die Kinder, sondern auch beispielsweise alte Menschen in Pflegeheimen, die sich über den Kontakt zu mir freuen. Eine betagte Dame hat zu mir einmal gesagt, dass sie ganz aufgeregt ist, doch noch einmal das Christkind treffen zu können. Mir werden auch viele traurige Geschichten erzählt, etwa dass der Ehepartner verstorben ist. Ich kann den Menschen Trost schenken und etwas Positives bewirken. Das ist eine Rolle, die ich sehr gerne ausfülle.

Wie reagieren ausländische Touristen auf Dich?

Sehr unterschiedlich. Viele kennen  das Christkind ja nicht und denken, ich sei eine Prinzessin. Manche glauben auch, das Christkind sei weiß, aber in Steyr ist es traditionell grün.

Erkennen Dich Menschen, wenn du nicht als Christkind und zivil unterwegs bist?

Selten. Denn mit der blonden Lockenperücke sehe ich – zugegeben – ganz anders aus.

Wie sieht denn Dein Weihnachtsbaum zu Hause aus?

Der Baum ist groß und reich geschmückt. Jedes Jahr kommt eine Kugel dazu.

Und singt das Christkind auch zu Weihnachten selbst?

Nein, das traut sich bei uns niemand – wir sind keine großen Sänger. Wir hören die Weihnachtslieder im Radio.

Und was wünscht sich das Christkind zu Weihnachten?

Ich habe keinen großen persönlichen Wunsch. Ich wünsche mir, dass jeder zu Weihnachten einen schönen Tag hat und eine gute Zeit mit seinen Liebsten verbringen kann.

Und sind die Geschenke schon besorgt?

Nicht ganz (lacht). Auch das Christkind ist nicht perfekt.

Pläne für die Zukunft?

Ich arbeite in einer Ordination und in der Forschung mit dem Schwerpunkt der regenerativen Medizin. Nach dem Master möchte ich den Doktor machen und Ärztin werden.

Wow, ich bin beeindruckt. Gibt es denn in Deinem Leben auch einen Weihnachtsmann?

Noch nicht (lacht). Aber wenn es nette Bewerber gibt, bin ich offen. Briefe – wie immer – an das Christkind richten! Manche Wünsche werden ja tatsächlich wahr.

HINTERGRUND

Zur Geschichte. Seit 2007 gibt es in der Christkindlstadt Steyr ein personifiziertes Christkindl, das man auch für Events buchen kann. Das aufwändige Kostüm wurde von der Trachtenschneiderin Waltraud Musenbichler gefertigt. Es besteht aus grünem Samt, Tüll und Leinen, Borten und Pailletten und ist mit 2.500 handaufgestickten Swarovski-Kristallen verziert. Die Farben Grün, Weiß und Silber orientieren sich an der Steyrer Festtracht und dem Verkündigungsengel der Sammlung Lamberg. Das Steyrer Christkindl knüpft auch freundschaftliche Bande mit Partnerstädten. Und an Adventwochenenden spaziert es durch die romantische Steyrer Altstadt und liest Märchen für Kinder am Christkindlmarkt.
Übrigens: Das Postamt Christkindl im gleichnamigen Stadtteil von Steyr hinter der Wallfahrtskirche startete heuer in die 75. Saison. Seit 1950 werden hier weihnachtliche Briefe und Karten aus aller Welt mit einem Sonderstempel versehen und weitergeschickt.

Fotos: © Manfred Binder

2024-12-01T22:28:20+01:00