• KAFFEE-PLAUSCH MIT PFARRER VON LINZ–ST. PETER. Hochwürden Franz Zeiger (li.) und Walter Witzany im Gespräch über das Leben eines außergewöhnlichen Gottesmanns. Wer die Tiertafel unterstützen will: Sparkasse OÖ.: IBAN AT 06 2032 0010 0045 0609

Pfarrer Franz Zeiger über Ostern, Tierliebe und elterliche Wünsche nach einem „g‘scheiten Beruf“.

Lieber Franz, Du bist jetzt 61, was hat dich einst bewogen, Pfarrer zu werden?
Es war vielleicht ein bisschen ungewöhnlich. Ich komme nicht aus einer kirchlich geprägten Familie, sondern aus einer Arbeiterfamilie. Wir haben einen guten Pfarrer gehabt. Mir hat das getaugt, und ich dachte mir, das kann ich doch auch machen.

Aber meine Eltern meinten, dass ich zuerst einen gescheiten Beruf erlernen sollte (lacht), dann könnte ich ja immer noch Pfarrer werden. Daraufhin habe ich Einzelhandelskaufmann gelernt und dann noch die Fachschule für Sozialberufe und Behindertenarbeit gemacht. Erst als ich die zwei Berufe erlernt hatte, durfte ich dann Theologie studieren.
Hat es damals so etwas wie einen Anstoß gegeben?
Nein, das kann ich so nicht sagen. Ich habe halt eine Welt für mich entdeckt, wo ich gesagt habe, „Ja, das ist für mich interessant“. Zum Beispiel, die Bibel kennenlernen und zu fragen, „Worum geht es da überhaupt?“, die Institution Kirche vor Ort kennenlernen – nicht wie es über die Zeitungen mit lauter narrischen Pfarrern transportiert wird. Das hat mich damals beeindruckt. Man arbeitet auch viel mit Menschen und begleitet diese von der Geburt bis zum Tod. Jetzt bin ich schon lange dabei und da wirst du Teil einer großen Familie. Das empfinde ich schon als eine Bereicherung.
Kannst du dich noch an deine erste Messe erinnern?
Ich bin 1997 geweiht worden, war also damals schon 35 Jahre alt. Die erste Messe habe ich dann in meiner Heimatpfarre Steyr-Münichholz gehabt, die sogenannte Primizmesse. Das war ein großes Fest, das war richtig schön.
Hast du da auch so eine Art Lampenfieber gehabt, wie ich früher als Radiomoderator?
Ja, schon. Du hast ja zuvor nur so ein Trockentraining. Ich glaube aber, dass das Lampenfieber dazugehört, denn man sollte das nicht so aus dem Ärmel schütteln.
Was macht dir als Priester die meiste seelische Freude?
Den Menschen Hoffnung geben zu können und sie in Krisensituationen zu begleiten. Wenn jemand stirbt oder jemand mich braucht für eine Aussprache. Und dann auch das Teilen von Freud und Leid.
Wie gehst du mit derartigen Wahnsinnigkeiten in der derzeitigen Weltpolitik eigentlich persönlich um?
Ich denke schon viel darüber nach und habe auch in letzter Zeit den Gedanken gehabt, ob unsere Welt gottverlassen ist. Ich bin zu dem Schluss gekommen, zu glauben, dass sie eher gottvergessen ist. Es gibt ganz klare Spielregeln, die wir von Gott haben. Da rede ich gar nicht einmal von den 10 Geboten, sondern davon, dass wir einander lieben sollen. Das ist so einfach, dass es jeder checken kann. Wenn man das praktizieren würde, dann schaut es gleich ganz anders aus. Aber das hat man offenbar vergessen. Das ist die Gottvergessenheit. Es gibt eben nicht nur mich. Egoismus hingegen braucht wieder viel Macht und Geld. So sollte sich jeder auch mit dem Kleinen beschäftigen, wie wir miteinander umgehen, grüßen, danke sagen, etc.
Ostern ist eine bedeutende Zeit für die Kirche, vom Palmsonntag bis zum Ostermontag. Wie erklärst Du Ostern?
Ich glaube, wir müssen, wenn wir Ostern verstehen wollen, wieder zum Ursprung des Festes. Wir haben einen wunderschön dekorierten Rahmen für allerlei Feste – wie bei einem Bild. Was uns aber fehlt, das ist das Bild an sich. Es geht darum: Christus ist auferstanden, d.h. der Tod hat für uns keine Bedeutung mehr, denn Ostern geht über unser Leben hinaus. Ostern heißt auf die Zukunft vertrauen, dass das Leben vor uns liegt. Das ist keine billige Jenseitsvertröstung, sondern die Hoffnung von rund 2,2, Milliarden Christen auf der Welt. Das hat auch Dinge bewirkt, die Frieden gestiftet haben und wo immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass wir diese Welt aber auch nicht kaputt machen dürfen. Denn die nächsten Generationen brauchen diese Schöpfung. Die gehört nicht nur uns.
Wenn ich Kinder sehe, dann denke ich mir aber, was wird denen noch bevorstehen?
Das ist auch mein Gedanke – etwa bei Taufen. Gerade in dieser Zeit. Da kommt eben die frohe Osterbotschaft grad recht.
Was ist das Besondere an den einzelnen Tagen zu Ostern, beginnend mit dem Palmsonntag?
Alle haben in Jesus einen König gesehen und hohe Erwartungen daran geknüpft. Er ist aber auf einem Esel nach Jerusalem geritten, einem Transporttier für die ärmere Schicht. Damit hat er auch schon gezeigt, dass er besonders für diese Menschen da ist, die keine Lobby haben. Das wäre irgendwie so, wie wenn heute US-Präsident Biden mit einem Fahrrad unterwegs wäre. Aber das ist eben das Programm von Jesus, der auch am Gründonnerstag mit dem Abendmahl zeigt, dass er immer unter den Menschen ist. Der Karfreitag ist dann das Leiden und das Sterben. Und dann kommt der Tag der Grabesruhe. Da herrscht in den Kirchen immer eine besondere Stimmung. Das ist das „Schon“, aber auch das „Eben-Noch-Nicht“. Dann wird es finster, und es kommt die Osternacht. Jeder hat eine Osterkerze und so wird es wieder hell. Am Ostersonntag findet die feierliche Messe statt, aber das Eigentliche und das Zentrale passiert zuvor in der Osternacht. Am Sonntag war der Stein ja schon weg und das Jesus-Grab leer. Aber was erzähle ich? Man sollte die kirchlichen Osterfeiern einfach auf sich wirken lassen –mit allen Sinnen. Man soll sich halt einfach einmal in die Kirche setzen und sich das ansehen. Da braucht man auch gar nichts tun. Da ist so gesehen auch nichts verhaut, wenn es einem doch nicht so taugt. Da hat ma halt amoi Pech g‘habt (lacht).
Gibt es den Moment, an dem du spürst, dass deine Worte angekommen sind?
Manchmal schon. Ich lese nicht, sondern predige ja frei, da merke ich das natürlich schon. Da versuche ich auch Stimmungen aufzubauen. Man bekommt das auch oft erst nach Jahren mit, wenn man wieder auf etwas angesprochen wird, was jemandem geholfen hat. Man weiß ja nicht gleich, was trägt. 
Apropos sehen. Wenn wir oben im Himmel sind, werden wir uns wiedersehen?
Ja, natürlich. In das Reich Gottes wurden wir ja jetzt schon aufgenommen. Mit all dem, was wir getan haben, mit unserer Biografie. Ich tue mir nur ein bisschen schwer mit dem Begriff „oben“, denn Gott ist ja überall rundherum. Wir sehen es halt nur nicht. Das ist eine Dimension, wofür uns der Sinn fehlt. 
Hast Du auch Hobbys?
Ich spiele etwas Gitarre, aber hauptsächlich kümmere ich mich um meine Tiere und die „Tiertafel“ der Pfarre. So kommen Haustierbesitzer mit wenig Einkommen zu Futterspenden. Meine Eltern haben übrigens stets darauf geschaut, dass jedes Kind in der Familie ein Haustier hatte und somit auch eine soziale Verantwortung übernahm. Mein erstes Tier war eine Schnecke namens Olga. Dann sind Hamster und Meerschweinchen gekommen. Das hat uns Kindern gutgetan. Und das ist noch heute so.
Ich habe einen Yorkshire Terrier, der sich unheimlich freut, wenn ich heimkomme…
Das kenne ich, ist so, wie wenn man ganz lange weg gewesen wäre. Ich habe zwei Findlings-Hunde aus Kroatien und auch Katzen. Das sind alles Geschöpfe Gottes. Abgesehen davon steht hinter jedem Haustier ja auch ein Mensch. Seit Corona haben wir übrigens auch eine Tafel für die Menschen. Wenn wer sagt, ich möchte dort Kunde werden, dann braucht man nur den Aktivpass, um zu zeigen, dass man bedürftig ist.
Wie viele Tiere betreut die Tiertafel?
Ich schätze, dass wir 120 „Klienten“ haben, die regelmäßig kommen. Bei uns läuft alles ehrenamtlich, weshalb die Spenden auch eins zu eins weitergegeben werden. Wir haben dafür eine Hotline bzw. eine Ansprechpartnerin, unsere Waltraud. Übrigens: nach Corona möchte ich auch die Gottesdienste für Menschen, deren Tiere gestorben sind, wieder aufleben lassen. Ich glaube, das tut gut, wenn man dort hingehen kann und man mit seinem Schmerz nicht alleine ist. Gott lässt keines seiner Geschöpfe ins Nichts fallen. Das wäre auch eine Idiotie. Das wäre so, wie bei einem Komponisten, der eine wunderschöne Komposition schreibt, die er dann, wenn sie fertig ist, einfach zerreißt. Wer die Tiertafel unterstützen will: Sparkasse OÖ.: IBAN AT 06 2032 0010 0045 0609
Jetzt haben wir so viel über Tiere als Gottes Geschöpfe geredet. Muss ich nun als Fleischesser ein schlechtes Gewissen haben?  
Ich glaube, dass Gott dein Speiseplan nicht so interessiert. Außerdem: Auch Tiere essen Tiere. Wir sind halt noch nicht im Paradies. Natürlich wäre es aber super, wenn man a bissal davon wegkommt. Jedes Würschtel, das ich weniger esse, ist jedenfalls schon gut. Aber was mich wirklich bedrückt, ist das Elend der Tiere in LKWs, die quer durch die Welt gekarrt werden, nur damit der Fleischpreis niedrig ist und wir dann von der 10er-Packung Käsekrainer sowieso die Hälfte wegschmeißen können. Das tut schon weh.
Warst du eigentlich schon einmal verliebt?
Ja, sowieso, freilich. Sogar sehr oft. Vergiss nicht: Ich bin ja erst mit 35 geweiht worden.
Was liegt dir noch auf dem Herzen?
Ich möchte mich für das nette Gespräch bedanken. Und allen, die das lesen, möchte ich gerade jetzt vor Ostern sagen: Lasst euch auf das Abenteuer Glauben ein und integriert es in euer Leben, dass es ein lebenslanger Spaß bleiben kann. Denn Gott sieht euch gerne lachen.

Franz Zeiger
Geboren: 31.12.1961; Steyr
Arbeitsort: Pfarre Linz-St. Peter

im WordRap

Ein guter Tag … ist ein Frühlingstag
Einen schlechten Tag … gibt’s keinen
Ohne Glauben … ist es trostlos
Die Kirche von heute ist … natürlich auch verbesserungswürdig
Kirchenaustritte sind … besorgniserregend
Tierschutz … ist ganz wichtig
Freunde fürs Leben … sind auch wichtig
In punkto Geld … soll man damit durchkommen können
Das mag ich besonders … Topfenstrudel
Das mag ich nicht … wenn es hier beim Traxlmayr keinen Topfenstrudel gäbe 😉
Diese Musik höre ich gerne … Ludwig van Beethoven
Damit kann man mir eine große Freude machen … wenn man unsere Tiertafel mit einer Spende unterstützt
Diesen Wunsch möchte ich mir noch erfüllen … einmal im Leben nach Damaskus

Fotos: © T.Duschlbauer, privat

2023-09-19T15:35:12+02:00