• Cecilia Baldivieso de Witzany

Die Frau aus BOLIEBIEN

Das Leben bringt so manche Premieren mit sich. Auf Anregung des Chefredakteurs sollte ich nun meine eigene Frau interviewen. „Warum?”, fragte ich ihn. „Wir sind zwar schon ein altes Ehepaar, aber trotzdem reden wir ohnehin immer noch miteinander.” „Na, weil sie eine interessante Frau ist, die viel erlebt und viel zu erzählen hat”, meinte er.

Und was soll ich dazu sagen? Wo er Recht hat, hat er Recht. Dann fangen wir gleich einmal ganz von vorne an. Nämlich da, wo ich damals meine künftige Cecilia Baldivieso de Witzany kennengelernt habe.

Ceci, wie ich Dich zum 1. Mal getroffen habe, bist Du ja bereits um die Welt gereist. Wo bist Du überall gewesen?

Ja, das Leben hat mich in viele Länder gebracht. Ich habe in den USA, Kanada, Brasilien, Spanien und Frankreich gelebt. Dann bin ich bloß für zwei Wochen nach Österreich gekommen. Ich weiß noch, wir haben uns zufällig im Märzenkeller kennengelernt. Und jetzt bin ich schon seit 40 Jahren hier.

Ich kann mich noch ganz genau erinnern. Du bist in dem Lokal gesessen und hast mit Deinen Freundinnen Englisch geredet. Und weil ich damals schon ein neugieriger Redakteur war, wollte ich Dich kennenlernen und fragte, woher Du kommst?

Ja, und ich sagte „aus einem fernen Land, genannt Bolivien.”

Und schließlich waren wir auch hier im Traxlmayr und haben uns näher kennengelernt. Da war es schon um mich geschehen, und ich habe Dich spontan in Bolivien besucht. Wie würdest Du Dein Land den Lesern beschreiben?

Bolivien ist gar nicht so klein, es steht aber etwas im Schatten von Peru. Vielleicht ein bisschen so wie bei Deutschland und Österreich, wobei Bolivien auch seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts keinen Zugang zum Meer hat und es im Herzen des Kontinents liegt. Im Unterschied zu Österreich gibt es dort aber sehr viele Menschen, die arm sind und leider nicht die guten Seiten des Lebens kennen.

Ceci, ich habe Dich ja als einen sehr vielfältigen Menschen kennen und lieben gelernt. Jetzt ist gerade die Reisezeit, erzähl uns doch etwas über Deine berufliche Tätigkeit.

Ich arbeite in einem Reisebüro und gebe in Schulen, aber auch privat für Unternehmen Spanischunterricht. Und für mein Land bin ich auch als Konsulin tätig. Sehr viel von meinem Herzblut fließt jedoch auch in das Straßenkinderprojekt Alalay.

Und wie geht das alles für Dich zusammen?

Ich glaube, das ist gar nicht so schwer. Es geht immer um die Menschen und darum, Menschen zusammen zu bringen und Brücken zwischen den Kulturen zu bauen. Darin sehe ich so etwas wie eine Berufung und bin dankbar dafür, dass ich das tun darf und Du mich auch bei meinem Projekt für die bolivianischen Straßenkinder schon so lange unterstützt hast.

Ja, das Projekt hat damals vor knapp 30 Jahren in Grünau im Almtal begonnen, als mir ein Veranstalter am Ende eines Konzerts 7.000 Schilling gegeben hat und meinte, ich solle doch etwas Gescheites daraus machen. Was meinst Du? Wie vielen Kindern konnte mit Alalay bereits geholfen werden?

Inzwischen müssten das bereits Tausende Kinder sein. Alleine derzeit unterstützt Alalay 4.000 Kinder in der Prävention, und bei uns wohnen in zwei Bundesländern 155 Kinder. Wenn wir das alles mit 30 multiplizieren, dann kommt schon eine beachtliche Anzahl an Lebenswegen, die positiv beeinflusst wurden, dabei heraus. Denn hinter diesen Zahlen verbergen sich Schicksale bzw. Kinder, die von der Straße weggeholt und mit einer Perspektive versehen werden konnten.

Kannst Du da Beispiele nennen?

Ja, ein Mädchen ist Ärztin geworden. Ich weiß auch, dass sich manche Kinder musikalisch ausbilden lassen. In St. Florian war unlängst ein Konzert der Wiener Philharmoniker, bei dem auch fünf bolivianische Straßenkinder mitgespielt haben. Diese Erfolge machen einen reich. Denn sie geben einen Grund, warum man auf der Welt ist.

Wie geht es aktuell mit dem Projekt weiter? Was gibt es dafür Neuigkeiten?

Gute Frage und gute Neuigkeiten, die auch recht gut zur EM und zu meiner Fußball-Leidenschaft passen, die wohl typisch für die Menschen in Bolivien ist. Unsere Straßenkinder haben eine Kooperation mit Real Madrid. Der Verein hat eine soziale Schiene, bei der es um Partnerschaften mit Schulen geht – auch in Bolivien. Kinder werden dabei gefördert, wobei jene aus reichen Familien dafür etwas bezahlen, während unsere Straßenkinder dort umsonst trainieren können. Die sind unheimlich stolz für Real Madrid zu spielen, und kommen auf diese Weise auch weg von der Straße.

Und wenn ich Dich jetzt als Fußball-Fan Frage, wer Europameister wird? 

Mir gefällt Spanien, und ich glaube schon, dass die Mannschaft gute Chancen hat. Aber vom Herzen her wünsche ich mir, dass es Österreich wird. Vielleicht hilft mir da auch die Maria, die ich mit einer Kerze um Beistand gebeten habe.

Du bist also ganz schön patriotisch. Auch noch für Deine ursprüngliche Heimat. Wie ist es denn dazu gekommen, dass Du Konsulin für Bolivien wurdest?

Das hing mit meiner Tätigkeit in der Tourismusbranche zusammen. Bolivien wollte jemanden in Österreich haben, der das Land mit seiner ganzen Vielfalt den Österreichern präsentiert. Mittlerweile bin ich die älteste Honorarkonsulin, die Doyenne, im konsularischen Korps.

Du bist ja nach wie vor auch viel auf Reisen. Was hat Dir bisher am besten gefallen und wo zieht es Dich noch hin?

Jedes Land ist irgendwie einzigartig. Kuba ist für mich aber ein ganz spezielles Land. Dort sind liebenswerte Menschen, wunderbare Strände, und es geht noch nicht so touristisch zu. Und einen Reisetraum hätte ich auch: Ich würde in Uganda oder Tansania gerne auf den Spuren von Jane Goodall wandeln. Als Kind hatte ich die Zeitschriften von King Kong geliebt, weshalb mich Gorillas schon lange faszinieren. Es muss großartig sein, diese Geschöpfe in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten.

Auch sie können Alalay Gutes tun

Geben Sie Zukunft! Alalay ist eine private Non-profit-Organisation und ein offiziell anerkannter österreichischer Verein. Die Architektin Claudia Gonzales gründete Alalay 1990 in Bolivien. ORF-Moderator Walter Witzany und seine Frau Cecilia Baldivieso de Witzany begannen 1995 mit dem Aufbau des Projektes in Österreich. Ziel des Vereins ist es, Kindern, die in Bolivien auf der Straße leben müssen, eine hoffnungsvolle Zukunft zu geben. Deshalb nehmen die Alalay-Streetworker mit den Kindern Kontakt auf und schaffen jene Bedingungen, damit diese eine erste Betreuung erfahren können. Eine erfolgreiche Integration in eines der Kinderdörfer kann nur auf freiwilliger Basis erfolgen.

Mithelfen. Der Verein ist auf Unterstützung dringend angewiesen. Spendenkonto Allgemeine Sparkasse: AT83 2032 0000 0006 6010

Fotos: © T.Duschlbauer

2024-07-01T18:52:11+02:00