Ein Plädoyer für unsere Kultur.

Entertainer Alexander M. Helmer über eine Welt in Bewegung und seine damit verbundenen Sorgen.

Seit vielen Jahren steht Entertainer Alexander M. Helmer (51) auf den Brettern, die ihm die Welt bedeuten. Im exklusiven Talk mit City!-Redakteurin Hilde Weber verriet der Künstler auch, welche Erinnerungen er mit Linz verbindet.

CITY!: Am 14. Februar 2019 gastieren Sie samt Band mit Ihrem Programm „Bel ami – Revue eines Gigolos“ im Trauner Kulturpark. Worauf darf man sich dabei freuen?

Helmer: Auf eine etwas schräge Show-Revue mit viel Humor, aber auch einer Prise Nachdenklichkeit, in jedem Fall aber guter Unterhaltung. Ich erzähle die Geschichte eines Gigolos mit all seinen Höhen und Tiefen, mit weltbekannten Songs wie „Just a Gigolo“, „That´s amore“ oder „Ich brech die Herzen der stolzesten Frauen“.

Wieviel von einem Gigolo steckt in Ihnen?

Ich spiele diesen Gigolo so wie ich ihn mir vorstelle, wenn ich einer wäre. Jeder Rolle hauche ich meine Persönlichkeit ein, sie bekommt meine Energie, meine Seele, meinen Herzschlag und meine Phantasie – egal, ob ich nun Shakespeare spiele oder Nestroy oder eben den Gigolo.

Sie gelten als vielseitiger Künstler – Sänger, Schauspieler, Komponist…

Ja, leider!

Wieso leider?

Man wird im deutschsprachigen Raum sehr schnell auf ein Fach reduziert. Wenn nun jemand wie ich fachübergreifend arbeitet, heißt es gleich: „Na ja, der macht alles ein bisschen, aber nichts so richtig gut.“ Dabei kann man als Künstler doch sowohl Unterhaltung als auch Anspruch bieten. Ich bin einer, der auf mehreren Spielwiesen tätig ist.

Auf welcher Spielwiese fühlen Sie sich besonders wohl?

Wenn ich einer Rolle meinen Charakter geben kann und darf, wenn ich mich in der Rolle zuhause fühle, dann macht es Spaß – egal ob auf der Theater- oder der Showbühne.

Wollten Sie jemals etwas anderes werden?

Als Kind wollte ich Pfarrer werden, damals hab ich mich verkleidet und in der Küche meiner Oma Messen gelesen. Später dann hab ich – als Einzelkind aufgewachsen – zu den Schallplatten meiner Eltern Ballett getanzt, den Tenor ebenso gesungen wie den Sopran, ich war das ganze Ensemble in einer Person. So bin ich ins Theater hineingerutscht. Damals wurde wohl schon der Grundstein für meine Vielseitigkeit gelegt.

Sie waren doch auch einmal am Landestheater in Linz engagiert. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Oh, das ist schon ziemlich lange her. Ich war damals Einspringer in der Operette „Die Landstreicher“. In diesem Stück gibt es zwei Leutnants, Mucki und Rudi, und ich habe damals am Stadttheater Baden einen davon gespielt. In Linz musste ich genau den anderen darstellen, was für mich schon einigermaßen verwirrend war. Und dann hat sich noch in einer Aufführung der aufgeklebte Schnurrbart Stück um Stück gelöst, bis ich ihn runtergerissen habe. Das war Linz! Was die Stadt betrifft, habe ich das Landestheater, den Hauptplatz und die Landstraße in guter Erinnerung. Und die schönen Frauen!

Im deutschen Raum sind Sie auch als Schlagersänger sehr erfolgreich. In Österreich kennt man Sie in diesem Metier weniger. Warum?

Ich komme ja eigentlich aus dem Rock-Sektor, hatte in Wien eine Rock-Band. Mein erstes Album war dann eine Mischung aus Deutsch-Rock, Austro-Pop, Chansons und Schlager und mit einem Titel daraus, „Wie ein Komet“, wurde ich von Dieter Thomas Heck in seine TV-Show eingeladen. Das war mein Eintritt in die Welt des Schlagers und es ging mir gut damit. Ein Highlight war sicher, als ich 1998 – übrigens als bisher einziger Österreicher – mit dem Fred-Jay-Preis ausgezeichnet wurde. Hier ergibt sich übrigens ein Linz-Bezug, denn Fred Jay war ein gebürtiger Linzer. Ich gestehe aber, dass ich mich im Schlager-Bereich auf den deutschen Markt konzentriert und Österreich links liegen gelassen habe. Doch ganz so glücklich war ich damit nicht, ich bin kein Schlagersänger. Und so habe ich nun den Entschluss gefasst, mich in Zukunft wieder mehr auf Theater, Chansons und Entertainment zu konzentrieren.

Warum ist der deutsche Schlager aber so beliebt?

Es hat sich viel geändert in den letzten Jahren. Die Leute wollen offensichtlich dieses Bild der heilen Welt, sie wollen ihren Spaß. Da heißt es auf Konzerten schon zu Beginn „Wo sind eure Hände?“, da müssen die Krüge klirren und es muss geschunkelt werden. Meine Helden von früher, z.B. ein Ludwig Hirsch oder auch ein Rainhard Fendrich, werden kaum mehr gespielt – auch, weil die Leute aufgehört oder auch verlernt haben, zuzuhören. Ich hoffe, dass sich das Blatt wieder einmal wenden wird.

Beunruhigt Sie diese Entwicklung?

Eine meiner großen Ängste ist, dass unsere Sprache verkümmert. Und nicht nur das. Meine Tochter etwa kennt die Werke großer Autoren oder Komponisten nicht mehr. Die heutige Jugend kriegt zwar jede Menge Informationen, aber es bleibt viel zu wenig hängen, alles ist oberflächlich und zu schnelllebig. Und unsere Kultur wird dabei vergessen. Das bereitet mir schon Sorgen.

Hat das nicht auch mit der Zuwanderung zu tun? Verlieren wir unsere Identität?

Genau das dürfen wir halt nicht. Dass eine Völkerwanderung stattfindet, ist offensichtlich. Aber ich meine, dass Menschen, die zu uns kommen, auch unsere Kultur annehmen sollten. Wir haben ja auch eine große Kultur zu bieten – unglaublich große Dichter, Komponisten, Musiker, Denker. Dieses Kulturgut sollten sie doch auch annehmen wollen, wenn sie bei uns leben wollen. Dass dies oft nicht der Fall ist, wissen wir – leider. Und das ist zweifelsohne ein Problem.

Wie könnte man hier gegensteuern?

Wir müssen die Menschen, die zu uns kommen, für unsere Kultur interessieren und begeistern. Ich mache z.B. beim Projekt „Welt in Bewegung“ mit – einem Integrationsstück, wo wir ausschließlich vor Schülern mit Migrationshintergrund spielen und ihnen die Pros und Contras unserer Gesellschaft aufzeigen. Am Ende waren sie noch jedes Mal begeistert und auch dankbar. Solcher Aktionen, Veranstaltungen, Workshops bedarf es – ein hartes Stück Arbeit, aber es könnte gelingen.

Zurück zum Künstlerleben. Kennen Sie Existenzängste?

Jeder Künstler ist irgendwann einmal an einem Punkt, wo er sich fragt: Wie geht’s denn weiter? Das war auch bei mir der Fall, aber je älter ich werde, umso besser kann ich solche Situationen einschätzen. Dass man als Künstler seinen Beruf lieben muss, ist klar – aber man muss ihn auch leben, mit Haut und Haar, mit Fleisch und Blut. Dann übersteht man auch Krisen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Es gibt noch einige Wunschrollen, die ich gerne spielen möchte – den „Liliom“ von Franz Molnár oder die eine oder andere Rolle aus Schnitzler-Stücken. Und ich möchte aufs Land ziehen. Und natürlich gesund bleiben. Und dass uns unsere Kultur erhalten bleibt.

PERSONALAKTE

Geboren: 1967
Sternzeichen: Zwilling
Alexander M. Helmer studierte Schauspiel und Gesang
in Wien und ist heute als Sänger, Schauspieler, Regisseur,
Komponist und Texter erfolgreich.
Der Vater zweier Kinder lebt in Wien und gastiert am
14. Februar im Kulturpark Traun.

Fotos: © Fotos: Tatiana Back, Sonja Milojevic, Redaktion

2019-05-01T21:07:01+02:00