• ARBEITSPLATZ. LH Thomas Stelzer an seinem Schreibtisch im Linzer Landhaus.

GEFORDERT wie selten zuvor 

Kriege, Krisen und US-Zölle lassen auch LH Thomas Stelzer kaum zur Ruhe kommen.

Die Zeiten waren schon einmal einfacher. Und selbst das im Bundesländervergleich stets vorbildlich dastehende Oberösterreich hat aktuell mit vielen Herausforderungen zu kämpfen.

ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer (58) ist als Regierungschef dementsprechend gefordert. Im Interview gewährt er CITY! Chefredakteur Christian Horvath Einblicke und wagt auch Ausblicke.

Der Sommer geht langsam zu Ende. Wo und wie hat der LH geurlaubt?

Wir haben heuer im Sommer eine Fernreise unternommen, waren in Singapur und Indonesien.

Müssen Sie immer erreichbar sein? 

Wenn es technisch möglich ist, bin ich sehr gut erreichbar. Das gehört zum Beruf, schließlich bleibt die Entwicklung Oberösterreichs ja nicht stehen, nur weil ein Politiker auf Urlaub ist. Außerdem bin ich gerne informiert, was los ist und was passiert – dann kann man rasch reagieren, sollte es notwendig sein. Rasch geholfen ist doppelt geholfen.

Das Handy ist also nie lautlos?

Doch, aber es vibriert ja, so wird man auch darauf aufmerksam (lacht).

Wie beurteilen Sie die Arbeit der Bundesregierung unter VP-Kanzlerschaft von Christian Stocker?

Bis jetzt denke ich, dass die Performance der Bundesregierung ordentlich ist. Christian Stocker macht das mit der ihm eigenen Ruhe und Sachlichkeit – das tut dem Land gut, Aufgeregtheit gab und gibt es ja genug. Gerade in den global turbulenten, unsicheren Zeiten wie den aktuellen ist es wichtig, dass die Regierung Ruhe und Besonnenheit ausstrahlt. Die Menschen brauchen Halt, Verlässlichkeit, Stabilität, dafür stehen wir als ÖVP, das gibt Christian Stocker. Das darf aber nicht mit Trägheit verwechselt werden, denn es gibt viel zu tun – und das rasch.

OÖ steht immer noch relativ gut da. Dennoch leiden etwa auch wir als Industrie-Bundesland unter Donald Trumps unberechenbarer Zollpolitik. Wird uns das Arbeitsplätze kosten?

Die Wirtschaft ist aufgrund der technischen Entwicklungen – Stichwort Künstliche Intelligenz – im Umbruch, das bietet gerade Oberösterreich, trotz der unsicheren Lage wegen der Sprunghaftigkeit des US-Präsidenten, viele Chancen. Denn wir haben die Ausbildungsmöglichkeiten an der JKU – wo wir über 2.000 Studenten der KI haben – und an der IT:U, und wir haben mit unseren Unternehmen auch die praktischen Möglichkeiten, die neuen Technologien anzuwenden und umzusetzen. Das ist aktuell eine unserer Hauptaufgaben.

Sollten aufgrund aller Krisen und Zollproblemen die bevorstehenden Herbst-Lohnverhandlungen nicht möglichst zurückhaltend geführt werden und am Ende zum Wohl der Wettbewerbsfähigkeit eher moderat ausfallen?

Nun, das ist nicht klar zu beantworten. Natürlich wäre eine maßvolle Erhöhung gescheit, um Inflation und Teuerung einerseits nicht weiter zu befeuern und andererseits die Unternehmen, die ohnehin aufgrund der globalen Lage in einer schwierigen Situation sind, nicht zusätzlich unter Druck zu bringen. Allerdings muss sich Leistung auch lohnen – sprich, die arbeitenden Oberösterreicher haben sich einen gerechten Lohn verdient, sie sollen sich etwas leisten können. Aber, wie gesagt, mit Maß und Ziel.

Viele Landsleute meinen mittlerweile, dass man vor dem US-Präsidenten nicht ständig in die Knie gehen darf. Wie sehen Sie das?

Klar ist, dass Europa neue Wege gehen muss, etwa neue Partner finden und Allianzen bilden muss – und dass Europa als Wirtschafts- und Handelsraum selbstbewusster sein muss. Und wir müssen unseren Unternehmen ermöglichen, im globalen Wettbewerb auf Augenhöhe zu konkurrieren – dafür müssen wir gleiche Voraussetzungen schaffen, da gehören beispielsweise auch die Energiepreise dazu. Dazu gehört auch, dass in Europa die Unternehmen ebenso geschützt werden wie anderswo, etwa in den USA oder in China. Und es muss auch wieder mehr ins Bewusstsein, dass Europa der größte Binnenmarkt mit 447 Millionen Einwohnern ist. Der Wert des Binnenhandels in der EU wird auf über 14,5 Billionen Euro geschätzt, was etwa 25% des Bruttoinlandsprodukts der EU entspricht. Rund zwei Drittel des Handels der EU-Mitgliedsstaaten finden innerhalb des Binnenmarkts statt. Das bietet auch Chancen für die Zukunft.

Wie geht es weiter mit der IT:U? Ist der neue Standort beim Biodiversitätszentrum schon in der Finalisierung?

Der Standort wird derzeit noch intensiv geprüft – auch andere Standorte wurden übrigens unter die Lupe genommen. Das Ergebnis steht noch nicht ganz fest. Wir werden aber versuchen, sehr rasch mit allen relevanten Beteiligten – also BIG, Bund und auch Stadt Linz – einen endgültigen Standort für die IT:U zu fixieren. Denn die Uni läuft gut, ist international gefragt – das hat die große Zahl von Bewerbern für ausgeschriebene Professuren gezeigt. Mit den neu angemieteten Räumlichkeiten in Urfahr ist auch das Platzproblem für die kommenden Jahre beseitigt. Allerdings braucht die Uni eine echte Heimat und die bekommt sie hoffentlich bald.

Auch in OÖ ist kürzlich ein dreister Fall von Sozialbetrug aufgeflogen. Können die Landsleute darauf vertrauen, dass weiter scharf kontrolliert wird?  

Darauf können sie absolut vertrauen. Wir stehen dazu, dass wir jenen helfen, die Unterstützung brauchen. Aber wir werden alles dafür tun, um Missbrauch zu unterbinden. Deshalb haben wir schon vor geraumer Zeit die Sachleistungskarte eingeführt, deshalb haben wir auch strenge Kontrollen und Konsequenzen für jene, die sich nicht an die Regeln halten. Da sind wir in Oberösterreich streng, aber gerecht. Das gefällt zwar manchen nicht, aber es ist eine Frage der Fairness – und zwar den  Oberösterreichern gegenüber genauso wie gegenüber jenen, die zu uns kommen und sich an die Regeln halten. Das Zusammenleben ist bunt und vielfältig, aber ohne Regeln funktioniert es nunmal nicht. Und wer das auf Kosten der anderen ausnutzen will, muss Konsequenzen tragen.

OÖ steuert auf das Super-Wahljahr 2027 zu – was bleibt in dieser Periode noch zu tun?

Abgesehen von den täglichen Herausforderungen geht es darum, die richtigen Weichen zu stellen, um ein Land der Arbeitsplätze, der stabilen Wirtschaft, des sozialen Ausgleichs zu sein. Beispielsweise in Bezug auf die Künstliche Intelligenz, wo wir bereits dabei sind, Ausbildung und Umsetzung weiterzuentwickeln und so sprichwörtlich die PS auch auf die Straße bekommen wollen. Auch im Gesundheitssystem muss sich etwas ändern – es kann nicht sein, dass in Oberösterreich über 50 Allgemeinmediziner-Stellen unbesetzt sind, ganz zu schweigen davon, dass wir viel mehr solcher Stellen brauchen. Da muss die ÖGK endlich in die Gänge kommen.

Bald ist Weihnachten, erste Lebkuchen in den Geschäften gibt es ja schon wieder. Was wünschen Sie sich  für Land und Leute?

Ich wünsche mir, dass es allen Landsleuten auch weiterhin möglichst gut geht. Das ist heutzutage leider gar nicht mehr so selbstverständlich. Ich werde aber alles dafür tun, dass das auch in Zukunft so bleibt – und sogar noch besser wird.

Fotos: © Peter Mayr

2025-09-02T02:21:35+02:00