450 Jahre Linzer Landhaus.
Der Sitz des Landtags und der Landesregierung feiert heuer ein rundes Jubiläum.
Das Linzer Landhaus war eine protestantische Hochburg. Im Steinernen Saal hielten evangelische Prediger Gottesdienste ab; Adelige dieser Konfession heirateten und feierten Feste.
Die Lage der Lutheraner änderte sich 1624 jedoch schlagartig mit dem Reformpatent von Kaiser Ferdinand II.: Wer nicht katholisch werden wollte, musste nun das Land verlassen. Schon im Spätmittelalter bildeten sich zwei Machtzentren im „Land ob der Enns“. Die Landesfürsten, die im Schloss residierten, herrschten als Vertreter des katholischen Kaisers. Sie konnten jedoch nicht alleine regieren; ein Recht auf Mitsprache hatten auch die Landesstände, bestehend aus Prälaten, lokalen Machthabern wie Grafen, Rittern usw. und Vertretern der Städte. Diese zweite Gruppe errichtete von 1564 bis 1571 das Landhaus als ständigen Tagungsort. Es befindet sich an der Stelle eines früheren Minoritenklosters. Von diesem Vorgängerbau ist heute nur noch die Kirche übrig geblieben. Die meisten Mönche hatten ihre Konvente verlassen; außerdem waren die Prälaten oft verweltlicht und „beweibt“. Zuerst errichtete man den Saaltrakt samt Turm; zwischen 1568 und 1658 kamen drei Höfe dazu. Das 1570 entstandene Nordportal aus rotem Salzburger Marmor, das nicht nur den Eingang, sondern auch die Fenster des Steinernen Saales im ersten Stock umfasst, bildet noch heute einen künstlerischen Höhepunkt. Eine Landschaftsschule (Gymnasium) übersiedelte 1574 in das Landhaus. Dort unterrichteten bedeutende Persönlichkeiten wie Johannes Kepler.
Bauernkrieg. Das Landhaus war an die Südmauer der Stadt angegliedert. Im Bauernkrieg von 1626 belagerten Stefan Fadinger und seine Soldaten Linz erfolglos. Im Zuge der Rekatholisierung verloren die Landstände zunehmend an Einfluss. Bis 1848 fungierten sie nur mehr als Zustimmungsorgan. Erst 1632 durchbrach man die Stadtmauern, um ein Südportal zu schaffen. Zu erreichen war es über eine gewölbte Steinbrücke, die einen Graben durchquerte. Später zugeschüttet, geriet sie in Vergessenheit und kam erst beim Bau einer Tiefgarage wieder zum Vorschein.
Brandkatastrophe. Von den Verschönerungen der Barock- und Rokokozeit ist wenig übrig geblieben. Am 15. August 1800, dem Tag von Mariä Himmelfahrt, zerstörten Flammen die gesamte Altstadt. Das Feuer ging vom Schloss aus, wo verwundete Opfer des ersten napoleonischen Krieges Zuflucht gefunden hatten. Über einen hölzernen Verbindungsgang griff er auf das Landhaus über und vernichtete dort eine Gemäldesammlung, eine Bibliothek sowie einen Teil des Archivs. Bis 1802 gelang es jedoch, das Gebäude wieder zu errichten und seine Südseite mit einem klassischen Portal zu versehen. Danach schleifte man die Stadtmauer, füllte den Graben mit Schutt und bepflanzte die dadurch geschaffene Promenade mit Bäumen. So entstand die Linzer Flaniermeile des 19. Jahrhunderts. Bald schaffte man es auch, die Altstadt wieder aufzubauen; Besitzer setzten einfach neue Dächer auf die Grundmauern ihrer verwüsteten Häuser.
Moderne Verwaltung. Am 6. April 1861 konstituierte sich zum ersten Mal ein Landtag, der vom Volk gewählt wurde. Politiker führten 1919 das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Verhältniswahlrecht ein. Das autoritäre Regime von Engelbert Dollfuß setzte jedoch 1934 demokratische Verfahren außer Kraft. Erst 1945 erfolgte eine Rückkehr zur Verfassung von 1930. Heute ist das Landhaus Sitz des Landtags, der Landesregierung und des Landeshauptmanns. Das ersterwähnte Gremium fungiert als Gesetzgeber, beschließt das Budget und kontrolliert die Arbeit der Regierung. Das marmorne Hauptportal gehört zu den bedeutenden Baudenkmälern der Renaissance. Ebenfalls aus dieser Epoche stammt der Arkadenhof mit drei Arkadenreihen. In seiner Mitte befindet sich ein Planetenbrunnen mit achtseitigem Becken aus dem Jahr 1582. Im Sommer bildet dieser Hof den Rahmen für Freiluftkonzerte. Die eingebundene Minoritenkirche hat die Zeiten überdauert, auch wenn sie sich nun im Barockkleid präsentiert.
Fotos: © Redaktion/Sokolof