Lebende Legende.
TY TENDER über Jubiläen, Highlights und die Lebensliebe Rock´n´Roll.
Entertainer Ty Tender, mit bürgerlichem Namen Fritz Weiler, ist ein Urgestein der österreichischen Musik-Szene. Demnächst feiert er seinen 75. Geburtstag und sein 60jähriges Bühnenjubiläum. Im Gespräch mit CITY!-Redakteurin Hilde Weber gab er uns einen Einblick in sein Künstlerleben.
CITY!: Sie gelten als DER Rock´n´Roll-Entertainer schlechthin. Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Ty Tender: Ich komme aus einer sehr musikalischen Familie. Meine Mutter war Klavierpädagogin und Sängerin; mein Vater war im Hauptberuf Eisenbahner, hat aber als Hobby Geige gespielt. Musik hat die beiden verbunden und diese Liebe haben sie von klein auf an mich weitergegeben. Bei uns gab es ein Musikzimmer und Hausmusikkonzerte, ich habe Musik praktisch schon mit der Muttermilch aufgesogen und offensichtlich haben meine Eltern mir diese Gene vererbt.
Wie entstand dann Ihre Liebe zum Rock´n´Roll?
Nun, als Jahrgang 1943 durfte ich in den 50er Jahren quasi die Geburt des Rock´n´Roll im Rundfunk miterleben. Wir hatten daheim ein Radio, in das ich mit meinen Klassenkameraden hinten einen Draht reingesteckt habe, und wenn wir dann das Radio am Fensterbrett platzierten, konnten wir den amerikanischen Soldatensender empfangen. Und dort konnten wir Musik hören, die man damals in Österreich noch gar nicht gekannt hat und von der wir absolut begeistert waren. Dieser Rock´n´Roll-Rhythmus hat mich fasziniert, und mit dieser Faszination war ich nicht allein. Mit einigen Klassenkameraden habe ich dann den Ehrgeiz entwickelt, diese Musik nachzuspielen, was zur Gründung unserer „Real College Band“ führte.
Wie waren die Reaktionen?
So gut, dass wir bald ein abendfüllendes Programm beisammen hatten und auf die Idee kamen, sogenannte Schülerpartys zu organisieren. Wir spielten die Hits von Eddie Cochran, Jerry Lee Lewis, Bill Haley, Chuck Berry und Roy Orbison – und alle waren begeistert. Einer meiner Bandkollegen hatte einen Onkel, in Freundeskreisen bekannt als „Onkel Karli“. Dahinter verbarg sich kein Geringerer als Firmengründer Karl Leitl. Er hat uns darin bestärkt, unseren Weg weiter zu gehen und so kam es schließlich, dass wir einmal im Monat – mit von Mal zu Mal steigender Besucherzahl – unter dem Motto „C´mon & Moove“ im Märzenkeller aufgetreten sind. Das war der Beginn meiner musikalischen Karriere, und aus dem Fritz Weiler wurde der Teddy Weiler.
Beim Märzenkeller blieb es aber nicht…
Wir hatten bald Gastauftritte im berühmten „Rosenstüberl“ und im Wiener Lokal „Tabarin“, in dem seinerzeit die legendären „Bambis“ gespielt haben. Dort gab es mittwochs immer ein Gästesingen, und nachdem ich für eine gewisse Zeit Leadsänger der Linzer Rock´n´Roll-Band „Fenders“ sein durfte, bin ich dort einfach vorstellig geworden und wir durften tatsächlich auftreten. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mein Studium an der Hochschule für Welthandel vernachlässigt und es gab für mich nur mehr Musik und Rock´n´Roll.
Schaut so aus, als ob Rock´n´Roll ein bedeutender Teil Ihres Lebens wäre.
Ja, bis heute zieht sich Rock´n´Roll durch mein Leben. Es gibt zwei wesentliche Sätze zu diesem Thema: einmal „Rock´n´Roll never dies“ und zum anderen „W´re never too old to Rock´n´Roll“. Ich weiß nicht, von wem diese Sätze stammen, aber für mich sind sie meine Lebensphilosophie. Ich werde diese Musik am Leben erhalten, solange ich mich dieser Gesundheit und Lebensfrische erfreuen kann. Darum geht’s mir und dazu stehe ich. Denn egal, wo man auch hinkommt, ob im In- oder Ausland – mit Rock´n´Roll kann man die Menschen begeistern und ich glaube, mein Publikum spürt auch, dass ich meine Musik aus vollstem Herzen lebe.
Dann gibt es doch sicher das eine oder andere Erlebnis, das Sie besonders berührt hat.
Da fällt mir spontan ein Konzert im April 2009 in Memphis/Tennessee ein. Ich wurde vom damaligen Linzer Bürgermeister Dr. Franz Dobusch als Botschafter der Europäischen Kulturhauptstadt Linz 2009 nach Memphis entsandt. Dort war der Name Ty Tender sicherlich niemandem ein Begriff, aber beim zweiten, dritten Titel haben die Leute gemerkt, dass da einer auf der Bühne steht, der seine Musik nicht nur liebt, sondern lebt. Als Zugabe sang ich das legendäre „Glory Glory Hallelujah“ und dabei standen die tausenden Menschen im Publikum auf, hielten sich die zur Faust geballte Hand ans Herz, ja manche weinten sogar. Und im Anschluss an das Konzert kam ein Mann mit schlohweißem Haar auf mich zu und meinte: „We wish you would be an American“. Wenn ich daran denke bekomme ich heute noch eine Gänsehaut. Solche Momente vergisst man nie.
300 Millionen chinesische TV-Zuseher sind aber auch nicht zu verachten.
Ganz und gar nicht, das war sicher auch ein Highlight meiner Karriere. Ich durfte als Stargast bei der chinesischen Version von „Wetten, dass…“ auftreten. Ich sang dabei „In the Ghetto“ und insbesondere viele Frauen im Publikum waren zu Tränen gerührt. In solchen Momenten bin ich auch unglaublich stolz, Österreicher zu sein. Es ist ein großes Glück für mich, diese Musik zu interpretieren, damit in die ganze Welt zu kommen, dass ich internationale Auftritte – egal ob in Las Vegas, Peking, Memphis oder Dubai – dazu nützen darf, ein Brückenbauer zu sein und über jenes Land zu reden, aus dem ich komme.
War eigentlich ein anderer musikalischer Weg für Sie je ein Thema?
Nun, ich hatte einen Ausflug in Form einer Weihnachtsproduktion in deutscher Sprache. Ich dachte, gerade Weihnachtslieder wären in der Muttersprache gesungen doch sehr schön und wir haben das Album „Zauber der Weihnachtszeit“ seinerzeit sehr stimmungsvoll in einem Salzbergwerk präsentiert. Das Publikum war auch durchaus angetan, aber nach dem fünften, sechsten Titel kamen die ersten Rufe aus dem Auditorium „Ist „Rock around the Christmas Tree“ heute eh auch noch am Programm?“ So gesehen war der Ausflug in ein anderes Metier zwar wunderschön und eine liebe Erinnerung, aber meine Fans haben mir doch gezeigt, dass sie ihren Ty Tender lieber mit seinen amerikanisch interpretierten Rock´n´Roll-Songs sehen und hören wollen.
Wie wurde aus dem Teddy Weiler der Ty Tender?
In der Phase, als wir aus der Schulband herauswuchsen, entstand auch der Wunsch nach einer eigenen Schallplatte. Wir haben im damaligen Studio von Hubert Bognermayr und Harald Zuschrader einige Aufnahmen auf Kassette gemacht und an verschiedene Plattenfirmen verschickt. Zu meiner Überraschung kam nach einiger Zeit ein Telegramm aus der Chefetage der Firma Ariola mit der Einladung zu einem Gespräch in Wien. Ich fuhr mit meiner Frau Edith hin und uns wurde gesagt, dass man mit mir eine Single machen wolle, das aber mit dem Namen Fritz Weiler oder auch Teddy Weiler nicht möglich sei und man daher einen Künstlernamen für mich brauche. Als Hauptname sei aufgrund meiner weichen, einschmeichelnden Stimme und der guten amerikanischen Aussprache der Name „Tender“ geeignet und der damalige Ariola-Chef, Herr von Friedberg, wollte dazu unbedingt einen Vornamen, der ebenfalls mit einem T beginnt. Letztendlich ist Ty daraus geworden – auch als kleine Reminiszenz an den amerikanischen Schauspieler Tyrone Power, dessen Fan ich war und dessen Vorname mit Ty abgekürzt wurde. Und Ty Tender hat dann auch die Zustimmung des Ariola-Chefs gefunden.
Wie konnten Sie die Musik mit dem Beruf vereinbaren?
Ich war damals Leiter des Angestelltenbüros der Personalabteilung in den Stickstoffwerken, später Chemie Linz und jetzt Borealis. Ich habe den Leuten bei Ariola erklärt, was mein Hauptberuf ist, dass die Musik mein Hobby ist und ich mich im Hinblick auf meine berufliche Position nicht traue, mich als Ty Tender zu „outen“. Und so ziert das Cover meiner ersten Single ein Foto, auf dem ich nicht zu erkennen bin. Dann passierte der Tod von Elvis Presley und ich war beseelt von dem Gedanken, dass die Musik dieses außergewöhnlichen und einzigartigen Künstlers nicht sterben darf. Und nachdem man mir schon einen gewissen Elvis-Touch in meiner Stimme nachsagte, wollte ich seine Musik in einem Gala-Konzert weiterleben lassen. Mit dieser Idee im Kopf sprach ich bei den Verantwortlichen des Brucknerhauses vor, legte ein Konzept vor und erhielt die Zustimmung zur Umsetzung. Das „Tribute to Elvis“-Konzert fand dann am 20. Juni 1980, einige Wochen vor dem 3. Todestag von Elvis Presley, im ausverkauften Brucknerhaus statt und ich war der erste Interpret im deutschsprachigen Raum, der sich mit einer großen „Elvis Memorial Show“ auf die Bühne wagte. Im Publikum saß auch der Generalsekretär des damaligen Generaldirektors der Stickstoffwerke, Dr. Buchner und gleich am darauffolgenden Montag wurde ich zum Generaldirektor zitiert, der inzwischen schon voll informiert war. Ich erinnere mich noch genau an seine Worte: „Weiler, Sie sind Personalist. Als solcher haben Sie unter anderem die Aufgabe, Vorbild zu sein, Bewerber einzustellen, auch schwierige Situationen bis zur Lösung eines Dienstverhältnisses zu meistern. Sie müssen Ihren Hauptberuf mit Ihrem Hobby vereinbaren können, ohne dass Ihr Job darunter leidet. Wenn Sie das schaffen, dann wünsche ich Ihnen alles Gute. Weiter so!“. Wäre dieses Konzert am 20. Juni 1980 ein Flop geworden, dann hätte ich wohl berufliche Probleme bekommen.
Im Vorjahr wurde Ihnen das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Was bedeutet das für Sie?
Es ist für mich als Mensch Fritz Weiler, aber auch als Künstler Ty Tender das absolute Nonplusultra. Diese Ehrung bestätigt, dass das, was ich mein Leben lang mache und wie ich es mache, von höchster Stelle unseres Landes, vom Bundespräsidenten, als ehrungswürdig betrachtet und ausgezeichnet wird. Für mein Schaffen in einem derart schmalen musikalischen Segment wie Rock´n´Roll in der heutigen Zeit so geehrt zu werden, ist nicht mehr zu toppen. Es ist für mich eine unglaubliche Ehre, ein absolutes Highlight.
Im Laufe Ihrer langen Karriere gab es aber doch sicher noch viele andere Highlights?
Familiär gesehen gehören dazu sicher die Hochzeit mit meiner Edith und die Geburt unserer Tochter Sabine. Dass ich den 50. Hochzeitstag mit meiner Edith in Las Vegas, noch dazu in der „Elvis Graceland Wedding Chapel“ feiern durfte, noch dazu verbunden mit einem Konzert, gehört zweifellos auch dazu. Wenn ich an mein musikalisches Leben denke, sind so unglaubliche Ereignisse wie mein Open Air Konzert im Burj al Arab Hotel in Dubai oder der Besuch beim Bürgermeister von Memphis oder der TV-Auftritt bei der chinesischen Version von „Wetten dass…“ und der anschließende Empfang beim Gouverneur der Partnerprovinz von Oberösterreich, Shandong, Erlebnisse, die ich nie vergessen werde. Wenn ich mein Leben reflektiere, denke ich manchmal „Das gibt´s doch alles gar nicht!“, weil ich bin nach wie vor 1000prozentig der Fritz Weiler aus der Kopernikusstraße 5 in Linz. Dass ich das alles erleben durfte, dafür bin ich sehr dankbar und demütig.
Sie waren auf der ganzen Welt unterwegs, sind Linz aber treu geblieben. Haben Sie ein Lieblingsplatzerl?
Ich liebe die Stadt an sich und in meiner Jugend war es zweifellos das Rosenstüberl und das Café Central; mittlerweile ist es definitiv mein Zuhause in der Kopernikusstraße. Ich gebe aber zu, dass ich mich auch irgendwie daheim fühle, wenn ich in den USA, in Las Vegas oder Memphis, bin.
Sie werden bald 75, wie gehen Sie mit dem Alter um?
Am Papier steht es so und ich muss es wohl zur Kenntnis nehmen. Aber selber merkt man es ja nicht. Wenn man sich wohlfühlt, glücklich und gesund ist, kommt man ja gar nicht auf die Idee, sich alt zu fühlen. Es wird einem höchstens dann bewusst, wenn man bemerkt, dass viele Zeitgenossen nicht mehr am Leben sind. Ein Sprichwort besagt ja „Man ist so alt wie man sich fühlt“ – und ich fühle mich noch fit, agil und im Herzen jung.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Es heißt ja, dass Rotwein immer besser wird, wenn er älter wird. Ich höre von meinen Fans sehr oft, dass meine Stimme umso voller und weicher wird, je älter ich werde. Ich wünsche mir, dass ich noch einige Jahre auf der Bühne stehen und die Menschen mit meiner Stimme und Musik begeistern kann. Und dass ich mit meiner lieben Gattin Edith noch viele gesunde Jahre erleben darf. Sie ist von A bis Z durch dick und dünn mit mir gegangen und alles, was ich bewerkstelligen konnte und erleben durfte, wäre ohne Edith nie und nimmer so passiert. Sie ist mein Lebensmensch.
„The Voice“ Ty Tender,
mit bürgerlichem Namen Fritz Weiler, wurde am 10. November
1943 geboren, Sternzeichen Skorpion. Als 15jähriger entdeckte er
seine Liebe zum Rock´n´Roll, gründete eine Schülerband
und legte damit den Grundstein für seine musikalische Karriere.
Er studierte Welthandel in Wien und arbeitete 30 Jahre
lang bei der Chemie Linz. Fritz Weiler lebt mit seiner Gattin
Edith in Linz, seine Tochter Sabine ist Geschäftsführerin der
Firma Weiler Shows.
Fotos: © Privat